Und los ging es. 42,195 Km Wrocław lagen nun vor mir.

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3900 Läuferinnen und Läufer waren am Start dieses reinen Marathons. Andere Strecken wurden nicht angeboten.

Meine Pläne für diesen Lauf waren ganz einfach:
Ziel 1: Ankommen.
Ziel 2: Niemanden treffen, der Ziel 1 gefährlich werden könnte.

So hatte ich auch überlegt, die Anmeldung vorab gar nicht auf meiner Seite publik zu machen. Aber auf der Veranstalter-Homepage stand ich ja eh in der Liste. Da war das auch egal.

Für die ersten beiden Kilo-meter brauchte ich fast 12 Minuten. Mehr und mehr wurde mir klar, wie schwer man mit einer Widmung auf dem Rücken normal laufen kann. Das wiegt, das spürt man. Die mal aufmunternden und mal bedauernden Blicke der Mitläufer inklusive.

Nach rechts nun die alte Straße 8 nach Warszawa (Warschau).

Über diese Brücke und dann 342 Kilometer. Dann war man in Warszawa. Bin ich früher viel gefahren. Viele Erinnerungen...

Und so ging es dann über die Oder-Kanäle. Die eigentlich Oder fließ im Süden durch die Stadt. Da kämen wir später noch hin.

Blick auf den Kanal Powoddziowy.

Allmählich kam ich ein wenig flotter voran. Vielleicht hätte ich besser doch nicht auch noch so einen schwermütigen Erinnerungs-mp3-Cocktail auf den Player laden sollen. Man kann ja auch alles übertreiben.

Die erste von insgesamt 15 Verpflegungsstellen. Also ab hier ziemlich genau alle 2,5 Km eine. Wasser und Iso satt und später dann auch lecker Obst.

Fünf Kilometer in gut 28 Minuten. Nicht schnell, aber wie schon gesagt, ich kam erst so allmählich auf Trab.

Die Zahl der Zuschauer war zwar begrenzt, aber dafür waren die vorhandenen gut bei der Sache.

Zweiter Verpflegungsstand und auch Zeit für eine kurze Pinkelpause. Was muß, das muß eben.

Die Brücke sollte mal Teil der neuen Schnellstraße in Richtung Warszawa werden (die alte Fassung sind wir ja schon bei Km 2,5 gelaufen). Das hat aber nicht geklappt und nun gibt es noch etwas weiter westlich eine ganz neue Autobahn und die Schnellstraße Richtung Warszawa endet 345 Km früher als gedacht.

Aber beim Bau ist eine schöne Umgehungsstraße entstanden und die schöne most Milenijny. Die kam aber erst ein paar Km später.

Das war nicht der schönste Teil des Kurses. Aber die Vorfreude auf die Brücke wog das wieder auf.

Km 10 hatte ich bei 54:46 Minuten passiert. Wenn ich nun berücksichtige, wie relativ langsam ich zu Beginn war, hatte ich nun ein sehr flottes Tempo drauf.

Ich merkte mein Tempo auch daran, daß ich nun längst in meinen üblichen Überhol-Modus gefallen war, in dem ich zumeist andere Läufer überholt, dabei aber selten (bis nie) selbst überholt wurde.

Die Bushaltestelle markiert den Anfang der tollen Brücke. Und wie man im Hintergrund erkennen kann, waren es mit 17,7°C prima Lauf-Temperaturen.

Hier geht es nun über die Oder. Hier im Westen sind alle Nebenflüsse und Kanäle wieder zum eigentlichen Fluß vereint.

Blick über die Oder zur most Rędziński II. (Autobahn A8 nach Warszawa).

50 Meter sind die Pylonen hoch, 153 Meter Spannweite sind es über die Oder.

Ich wollte die Brücke ja schon bei meinen Fahrten nach Warszawa im Jahr 2003 befahren, aber die Bau-arbeiten verzögerten sich ein wenig (vermutlich war die Millenium-Brücke ja schon für das Jahr 2000 geplant). Eröffnung war dann erst am 29. Oktober 2004. Da war sowieso schon alles zu spät.

Tja, Ende der Brücke. Die Zufahrtstraße war schon viel früher fertig. Naja, besser jetzt zum Marathon als nie.

Die Straßenbahnen standen an jenem Tag massenweise im Stau fest. In Wrocław gibt es kein Verkehrssystem während des Marathons. Ein paar Durchlässe oder Schleusen hätten das Problem etwas kleiner halten können. Da kann man ja noch nachbessern.

Für Läufer aber wohl das Wichtigste: Laufen konnte man völlig unbehindert. Wenn man mal von dem einen oder anderen Kamikaze-Taxi absieht. Immerhin hatte man diesmal keines davon auf mich persönlich angesetzt. Das nenne ich immerhin einen Fortschritt.

Parafia rzymskokatolicka św. Jadwigi. So heißt die Kirche dort im Hintergrund.

Es folgte der Lauf durch die Hochhausstadt Kozanów. Nicht gerade die hübscheste Ecke von Wrocław, aber mir von diversen Besuchen gut bekannt.

Nun überquerten wir den kleinen Fluß Ślęza. Da dem kann man auch sehr schön laufen, was ich im Sommer 2012 auch reichlich getan habe (siehe Lauffotos auf der Hauptseite). Dem Fluß immer folgend kommt man nach ein paar Kilometern am Grab der Goßmutter meiner Tochter vorbei, dem ich diesen Lauf je widmete.

Damit hatten wir dann das Stadion Miejski, das EURO 2012-StadtionWrocławs erreicht.

Ist schon ein recht großer Bau, sieht aber einfach nur grau und groß aus. Abends mit Beleuchtung sieht es viel besser aus. 

Das Stadion war nun einmal umrundet. Von  der Südseite sah es aber auch nicht anders aus.

Die drei Cheerleader hier waren nicht hinter mir her, sondern hinter den beiden Läufern in Rot und Weiß. Sehr lange konnten sie das Tempo aber nicht halten.

Und wieder ging es über den Fluß Ślęza. Im Hintergrund noch einmal das Stadion Miejski.

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Und so sieht der Fluß Ślęza hier aus. Leider kann man hier mal gerade nicht am Ufer entlang laufen. Naja, der Marathon ging es an eine andere Richtung.

Nun ging es auf dieser langen Gerade in Richtung Innenstadt. Wie man links sieht war ich nicht der einzige Läufer mit Widmung auf dem Rücken.

1:47:32 Stunden bei Km 20. Machte 52:46 Minuten auf den zweiten 10 Km. Das war schon sehr flott.

Überhaupt war ich hier recht schnell unterwegs. Kurz dachte ich gar daran, mich etwas auszubremsen, ließ mich dann aber doch laufen.

1:53:12 Stunden war meine offizielle Zeit hier beim Halbmarathon. Also war eine Zeit unter 3:50 Stunden durchaus möglich.

Allerdings war mir auch klar, daß die zweite Hälfte um einiges schwieriger werden würde.

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Und weiter ging es in Richtung Innenstadt.

Die Querstraße hier ist die Verlängerung der Milenijna, die von der most Milenijny kommt.

Und weil es so schön ist: Die Kirche im Hintergrund heißt  Kościół Św. Maksymiliana Marii Kolbego. Was für ein Name.

Den Läufer mit Kinderwagen hatte ich schon auf dem ersten Kilometer gesehen. Nun überhole ich zurück.

Nun ging es schon vier Km geradeaus. Könnte zwar langweilig werden, aber nun kam ich allmählich in den Bereich, wo ich mit Leuten zu rechnen hatte, denen mein Widmungs-Lauf nun so gar nicht paßte. Nun galt es, den Straßenrand noch ein wenig genauer unter Kontrolle zu behalten. 

Großes Shopping-Center. Da gibt es auch Intersport und Saturn.

Moderne Eisenbahnbrücken sehen anders aus. Aber für polnische Verhältnisse ist das schon top.

Comics unter der Brücke. Oder Kunst. Wer weiß. Ich konnte es nicht lesen.

Über diese Brücke bin ich auch schon mehrfach im Training gelaufen. In früheren Jahren. 

Nun kamen wir auch endlich dem Stadtcentrum spürbar näher.

Der Platz hieß schon mal Königsplatz. Und Plac 1 maja auch. Vor allem damals, 2003, da hieß er Plac 1 maja. Das paßte ja auch.

Am Tag des Tsunamis in Japan hieß er dann schon Plac Jana Pawła II.

Aber ich laufe mal besser weiter.

Der nächste Verpflegungs-stand dann am Eingang in die Altstadt.

Der Wrocław-Marathon ist auch die polnische Militär-Marathon-Meisterschaft. Entsprechend viel Militär war dann auch als Helfer im Einsatz.

Angesichts meiner gewissen Angst vor dem einen oder anderen Zuschauer eine durchaus beruhigende Tatsache. 

Gibt fraglos hübschere Laufstile, aber so lange ich ins Ziel komme...

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Rechts Seite hinter dem Glas das HELIOS Kino. Links ist die Universitätsbibliothek (Biblioteka Uniwersytetu Wrocławskiego). Das Foto ist aber nichts geworden.

Das Gebäude mit den Türmen voraus ist keine Ritterburg, sondern das Amtsgericht (Sąd Okręgowy Wrocławiu). Und dahinter ist auch ein Gefängnis.

Den Fotografen habe ich nicht gesehen. Auch wenn es so aussieht, als würde ich ihn genau angucken. Da sieht man mal, wie genau ich die Leute am Straßenrand im Blick hatte... oh je...

Im Hintergrund die oben schon einmal erwähnte Universitätsbibliothek (Biblioteka Uniwersytetu Wrocławskiego).

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Auf meinen Fotos ist auch kein Fotograf zu sehen. Und ich habe ja noch viel mehr Fotos gemacht, als ich hier eingestellt habe.

Die Baustelle hatte es in sich. Sie kündigte sich lange vorher an (siehe vorheriges Foto), aber ich machte hier so viele Bilder, daß ich voll in die Baustelle rein lief.

Wenn man schon nicht von Anderen aus dem Rennen geprügelt wird, dann muß man eben selbst für die Unfälle sorgen. Aber ich lief weiter. So schlimm war es dann doch nicht.

Nun kam die drei Km lange Straße, die mir am meisten Angst machte. 500 Meter weiter lebte die Großmutter meiner Tochter. Meine Frau wohnte da auch. Einige Verwandtschaft wohnt da immer noch. Also wenn ich irgendwo akut Angst haben durfte, dann hier.

Diese Straße endet am Fluß Ślęza. Genau dort, wo auch der Friedhof mit dem Grab der Großmutter meiner Tochter liegt.

Das ging schon echt unter die Haut. Das hatte mit Sport im eigentlichen Sinne für mich aber auch gar nichts mehr zu tun. Das war nur noch das Verarbeiten von Emotionen.

Wo waren denn hier die Sicherheitsleute? Und die Absperrungen. Ausgerechnet an dieser Kreuzung genau vor dem Haus der Familie meiner Frau. Ich bin schon einmal von einem Auto absichtlich angefahren worden. Ich wußte, wovor ich hier Angst zu haben hatte.

Und nun? Augen zu und durch. Ich konnte ja nicht stehen bleiben. Und nirgends war ich sicherer als auf der Laufstrecke.

Hurra, ich laufe noch.

Und weiter ging es. Immer schön den Straßenrand im Auge habend.

Die Beiden hier tauchten nun seit Km 16,5 ständig auf. Immer in meiner Nähe. Wie das wohl kommt... Ich war schließlich weder das erste Mal in Polen noch total bekloppt oder gar suizidal veranlagt. 

Rechts ging es auf direktem Weg zurück zur most Milenijny. Geradeaus ging es zur Ślęza und zum Friedhof. Der Marathon bog hier links ab.

Ich kriegte einfach nicht das Bild aus dem Kopf, daß genau hier entlang im Mai des Jahres der Sarg über-führt wurde.  

Und an dieser Ecke, an dem dem Grab nächsten Punkt der Strecke, legte ich dann eine kurze Schweigeminute ein.