DIE HURTIGRUTE

Teil Drei: Tromsö - Andenes - Lofoten

Nach etwas Schlaf, einer kurzen Stippvisite in Finnsnes und wieder etwas Schlaf erreichte das
Schiff Harstad. Den kurzen Trip durch die Stadt nutzte ich zum erneuten Geldabhebeversuch.
Auch diesmal klappte es nicht. In der Bank wurde mir dann erzählt, es gäbe schon sie ganze
Woche keinen Kontakt nach Deutschland und alle Kreditkarten-Transaktionen, die über den
Computer liefen, scheiterten zwangsläufig.

Nun war ich inzwischen fast pleite und so langsam begann die Sorge um den reibungslosen
Fortgang der Reise. Zunächst aber noch kein Problem. Von Harstad aus ging es per Hurtig-
rute weiter durch den Taftsundet nach Risöyhamn auf der Halbinsel Andöya, wo ich die MS
"Kong Olav" wieder verließ.

Risöyhamn

Wie kann das Wetter wohl gewesen sein?? Klar: Sonne, blauer Himmel, gerade ein halber
Meter Neuschnee und null Grad. Ein grandioses Panorama. Weil der Bus nach Norden
noch nicht dran war, setzte ich mich erstmal an die Kaimauer und wartete, bis "mein"
Hurtigruten-Schiff ablegte (siehe auch Schiff-Foto oben auf Seite links).

Per Bus ging es dann nach Bleik, einem kleinen Ort an der Westküste von Andöya. So wie
dort habe ich mir immer Wintermärchen vorgestellt. Ein kleiner Ort mit Massen von herr-
lich weißem Schnee eingeramt von hohen Bergen und dem weiten Ozean. Der Busfahrer
wunderte sich zwar, wie ein Tourist sich nicht nur ausgerechnet im Winter ausgerechnet
nach Andöya verirren konnte, konnte aber gar nicht begreifen, warum es diesen Touristen
auch noch nach Bleik zog. Aber diese Art Unverständnis kannte ich inzwischen nur zu
gut.

Bleik

Am Strand von Bleik

Dann ging es per Bus weiter nach Andenes. Den Busfahrer kannte ich ja schon und er war auch
von meinen euphorischen Eindrücken nicht davon zu überzeugen, auch mal einen längeren Stop
in Bleik einlegen zu wollen. Sein Pech.

In Andenes erlebte ich einen tollen stimmungsvollen Abendhimmel am Hafen. Andenes ist dem
einen oder anderen Norwegenfan vielleicht als Abfahrtstation für die Walsafari bekannt. Im Winter
ist eher weniger los. So war mein vorgebuchtes Hotel auch zu und ich wurde ins Hotel Viking
umgebucht. Das wurde dann auch die teuerste Nacht dieser Reise (595,- NKr). Dafür wurde auch
was geboten. Im TV gab es MTV. Aber es gab nur MTV. Dafür ein Flughafen gleich nebenan und
im Nachbarzimmer tobte bis fünf Uhr früh eine Party britischer Soldaten.

Die Frage, die mich mehr beschäftigte: Arbeitet das Hotel mit einer herkömmlichen Kreditkarten-
maschiene oder geht das dort schon per Computer. Im letzteren Fall hätte ich arge Probleme be-
kommen, hatte ich doch nur noch Geld für den Bus zurück nach Risöyhamn. Aber auch da kam
ich nochmal davon und so fuhr ich dann per Bus im dicken Schneetreiben zurück zum Kai von
Risöyhamn. Nichts war zu sehen vom der Straße. Die Straße war weiß, rechts und links war alles
weiß und die Luft darüber war vor lauter Schnee auch weiß. Der Bus fuhr trotzdem 90, auch wenn
nicht alle Kurven rechtzeitig entdeckt wurden...

In Risöyhamn machte ich armes Würstchen am schneeumtobten Kai wohl einen so verlorenen
Eindruck, daß ich in die SAS/Nor-Cargo-Filiale vor Ort zum Frühstück eingeladen wurde. Und
wieder durfte ich erstaunt-fassungslosen Norwegern von meiner Tour berichten.

Dann kam auch die MS "Richard With" (Schiff-Foto oben auf der Seite rechts, auch in Risöy-
hamn aufgenommen) und die Fahrt ging weiter. Die nun folgende Etappe nach Svolvaer war die
mit Abstand schönste der gesamten Schiffsreise. Pünktlich zur Abfahrt des Schiffes hatte das
Schneetreiben selbstverständlich aufgehört. Nun schien wieder die Sonne, es war fast windstill,
knapp null Grad und blauer Himmel.

Stokmarknes

Von Risöyhamn ging es zunächst durch den Gavfjorden nach Sortland und von dort durch den
Sortlandssundet nach Stokmarknes. Ein umwerfendes Erlebnis auf dem fast spiegelglatten Was-
ser entlangzugleiten, rechts und links nur die schneebedeckten Berge. In Stokmarknes gab es
noch einen kurzen Landgang, obwohl der Aufenthalt nur 17 Minuten dauerte. Auch in Sortland
hätte ich mir gerne die Beine vertreten, aber dort waren 62 Minuten Aufenthalt nicht lang genug
und man ließ mich nicht von Bord.

Von Stokmarknes fuhr die MS "Richard With" auf direktem Kurs auf eine Bergkette zu. Wir
Touristen vorne am Bug machten uns schon ernsthafte Sorgen, was unser Kapitän da wohl
vorhatte. Es war auch bei Näherkommen kein Durchweg auszumachenö

Erst im allerletzten Moment machte das Schiff eine scharfe Kurve nach rechts und wir fuhren
in den Raftsundet ein.

Im Raftsundet

Unser ach so großes Schiff wirkte in diesem schmalen Fjord zwischen den hohen Bergen richtig
winzig. Atemlos staunend stand ich an Deck und konnte meinen Blick nicht von dieser traum-
haften Kulisse wenden, die durch die Sonnenuntergangsstimmung schon fast unwirklich schön
wirkte. Da machte es auch nichts, daß der übliche Abstecher in den Trollfjord wegen des vielen
 Neuschnees ausfallen mußte (Lawinengefahr). Letztendlich war die Durchfahrt mit einer Stunde
aber viel zu kurz.

Hier an Bord des Schiffes lernte ich dann auch die erste Urlauber aus Deutschland kennen, die
dank des Kreditkartenproblems inzwischen pleite waren und nur noch auf Good-Will an Bord
was zu essen bekamen. Auf zwei Ausflüge mußte mancher aber schon verzichten und mit Sou-
venirs sah es natürlich auch traurig aus. Es ist halt nicht jeder so verrückt, mit 4000,- NKr in Bar
herumzureisen wie ich.  

 

Im Raftsundet

Am Abend legte die MS "Richard With" in Svolvaer an. Es war irgendwie seltsam. Schon von
weitem merkte man, daß da irgendwas nicht stimmte im Ort. Und beim Näherkommen machte
es dann Klick: Im ganzen Ort war es dunkel. Hier und da huschte ein Lichtkegel eines Autos
durch die Straßen, aber ansonsten gab es im ganzen Ort kein Licht. Totaler Stromausfall.

Mit dem Akkulicht meiner Videokamera fand ich dann auch mein Hotel und auch mein Zimmer.
Der Begriff "Stockfinster" bekam eine ganz neue Bedeutung. Machte ich das Licht aus, konnte
ich in der Stadt auf der Straße die Hand vor Augen nicht sehen.
Trotzdem machte ich mich na-
türlich auf, eine Bank zu suchen. Und tatsächlich: Bei der Kreditkassen funktionierte der Not-
strom und somit der Geldautomat. Und der spuckte dann Geld aus. Wahrscheinlich nur, weil
die Kontrollabfrage nach Deutschland nicht zustande kam oder so. Die beiden Norwegern vor
der Bank haben jedenfalls ob meines Freudentanzes vor dem Geldautomaten mächtig an meinem
Verstand gezweifelt.

Für die Geldknappheit darf ich mich an dieser Stelle nochmal recht herzlich bei unseren lieben
Gewerkschaften DAG und HBV bedanken, die eine Woche lang bis einschließlich zum Folge-
tag des Svolvaer-Abends die Computer-Zentralen der Kreditkarten-Stellen bestreikten und so-
mit im Ausland unter den Urlaubern nettes Unheil anrichteten. Ihre Forderungen konnte sie aber
nicht einmal ansatzweise durchsetzen.

Das wußte ich den Abend in Svolvaer noch nicht. Und so machte ich mich mit meinem neuen
Reichtum auf zum Einkaufen. Nur weil weder Strom noch Licht da war macht der Norweger
ja nicht alles zu. In den Lokalen brannten Kerzen auf den Tischen und sogar der Kiosk hatte
offen. Da saß eine einsame Verkäuferin im stockfinsteren und wartete auch Kunden. Für mein
Akkulicht bot sie mir spontan 250,- NKr, aber das brauchte ich selbst noch. Immerhin bekam
ich meinen ganzen Einkauf zum halben Preis, weil ich ihr so lange im Laden leuchtete, bis sie
alles zusammengepackt und dann abgeschlossen hatte.

Am nächsten Morgen gab es wieder Strom in Svolvaer und über Nacht hatte es heftig geschneit.
Und wieder einmal hatte ich bei bestem Wetter ein Schneeparadies zu Füßen liegen.

Von Svolvaer nahm ich den Bus über Leknes nach Reine die E10 hinunter. Ich kam aus dem
Staunen nicht mehr heraus. Weiße Berge, blaue Fjorde und dazwischen die vielen bunten Häu-
ser. Ich kannte die Lofoten zwar schon vom Sommer 1992 her und wußte, welch wunderschöne
Gegend diese Inselgruppe ist, aber im Winter war dieser Eindruck noch viel stärker.

Reinevagen

Von Reine aus machte einen Ausflug per Boot in den Reinefjorden. Mittels dieser Verbindung
erhalten auch die kleinen Siedlungen bzw. einzelnen Häuschen im Fjord, die keinen Straßenan-
schluß haben, mit Lebensmitteln und Post versorgt. Diesmal war sogar ein neuer Fernseher mit
dabei.

Von Reine ging es dann weiter im Taxi an die Südspitze der Lofoten nach A. Im Sommer sind
diese letzten Kilometer von Touristen nur so überlaufen. Diesen Tag hatte ich bei traumhaftem
Wetter alles ganz für mich alleine.

A i Lofoten
(Am Ende der E10)

A i Lofoten

Von A aus machte ich mich an die Wanderung zurück nach Reine und von dort weiter nach
Hamnöy. Nach vier Kilometern machte ich in Sörvagen im Vest-Lofoten Hotell erstmal Rast
für eine Nacht.

Am nächsten Morgen ging die Wanderung weiter. Was soll ich noch sagen? Ich wiederhole mich
ja schon ständig. Das Wetter war wie immer super und die Landschaft erstrahlte in allen Farben,
die man sich vom Winter erhoffen kann. Die Lofoten im Winter sind (bei schönem Wetter) ein
echter Traum.

Moskenes

Reine

In Hamnöy machte ich Mittagspause bis mich der Bus nach Leknes zurückbrachte. Dort traf ich
dann auf eine Gruppe deutscher Jugendlicher, die offenbar zwangsweise in eines dieser Resozia-
lisierungsprogramme auf die Lofoten gejagd wurde (ausgerechnet...). Schwer alkoholisiert forder-
te man mich recht nachdrücklich auf, für das Betreten der Buswartehalle Eintritt zu zahlen und
zwar nicht zu knapp sonst wollten diese fünf Jungen noch weitere holen, um mich dann aber so
richtig fertig zu machen. Davon alleine hätte ich mich wohl noch nicht in die Kälte zurückjagen
(es war schon nach Sonnenuntergang), aber die dann auch noch ein Wettkotzen (nicht im über-
tragenen Sinne gemeint!!) in der Mitte der Halle begannen, waren rund ein Dutzend Norweger und
ich sofort draußen.

Es war binnen 24 Stunden das zweite Mal, daß die Ausuferungen des deutschen Sozialstaates mich
 bis in den Norden Norwegens verfolgt hatten und dort für einen extrem negativen Eindruck gesorgt
hatten. Wie mag wohl das mir als Hamburger von zu Hause ja leider schon bekannte (weil dort
 ja tolerierte) Auftreten dieser Deutschen wohl von den Norwegern aufgenommen worden sein???

Nach einer sehr kalten Wartezeit ging es mit dem Bus nach Stamsund. Dort wartete ich dann auf
die MS "Midnatsol", einem der neueren Hurtigruten-Schiffe, mit dem ich die Reise nun fortsetzen
sollte.

Mehr dazu im vierten und letzten Teil meines Hurtigruten-Berichtes.

Teil Eins:   Anreise Hamburg - Nordkapp - Kirkenes
Teil Zwei:   Kirkenes - Hammerfest - Tromsö
Teil Vier:   Bodö - Brönnöysund - Bergen

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