DIE HURTIGRUTE
Teil Eins: Anreise Hamburg - Nordkapp - Kirkenes

So eine Reise durch Norwegen ganz ohne Auto, nur mit den öffentlichen Verkehrsmittel, das
schon eine besondere Sache. Da kriegt der Begriff Tempo eine ganz neue Bedeutung.

Los ging die Reise am Samstag, 5. März 1994 um 3.05 Uhr vom Hamburger Hauptbahnhof.
Erstes "Ziel" der Reise: So schnell es geht nach Norden. Die Voraussetzungen waren gelinde
gesagt bescheiden. Mich hatte die Magen-/Darmgrippe gepackt und ich ließ seit einer Woche
keine Toilette aus.

So war es auch nicht gerade lustig, daß sich bei der Einreise nach Schweden so ein Drogenköter
an meinem Salzstangenvorrat verging, das einzige, was überhaupt noch drinbleiben wollte.

Aber die Tour der Reihe nach: Aufenthalt Kopenhagen von 8.25 Uhr bis 9.45 Uhr, dann Weiter-
reise nach Oslo (Ankunft 19.43 Uhr). Zum Bummeln regnete es zu stark (letzter Regen für fast
drei Wochen!!) und so war ich doch froh, schon um 21.15 Uhr in den Nachtzug nach Trondheim
(Abfahrt 23.00 Uhr) einsteigen zu dürfen.

Ob es am nächtlichen Geschaukel oder der norwegischen Luft oder an Salzstangenmangel gelegen
hat?? Auf jeden Fall war die grausige Grippe bei der Ankunft in Trondheil (7.20 Uhr) vergessen.
So machte ich mich dann auch zu einem kleinen Spaziergang durch den  Ort auf.

Und zum Glück kaufte ich  mir für die fast 10 Stunden-zugfahrt nach Fauske noch rasch eine
Platzkarte für 20,- NKr. Der Zug war knüppelvoll mit norwegischen Soldaten. So gehörte ich
dann noch zu den Glücklichen, die bei acht Leuten in der Vier-Personen-Sitzecke immerhin am
Fenster sitzen durften. Mit Aufstehen oder auch nur Fußumdrehen war da natürlich nichts zu
machen. So blieb nur noch aus dem Fenster zu sehen. Und da saß ich auf der linken Seite gold-
richtig, denn da flogen neben viel verschneiter Landschaft auch die Fjorde am Fenster vorbei.

In Fauske ergatterten wir im Wettlauf um die Plätze im Bus nach Narvik noch den allerletzten
Platz. Der Rest mußte auf einen Ersatzbus warten. So ging die Reise um 18.45 Uhr abends auf
der Straße weiter. Ankunft in Narvik war um 0.10 Uhr nachts.

Was eine Übernachtung im Breidablikk Gjestgiveri in Narvik. Bei der Anmeldung des Nachts
drückte man mir einfach einen Schlüssel in die Hand, als ich reinkam, dann war die Heizung
kaputt (bei offenem Fenster konnte man es auf 27°C runterkühlen) und wenn ich nicht morgens
drauf aufmerksam gemacht hätte, wäre ich auch ohne zu bezahlen rausgekommen.

Um 12.00 Uhr ging es dann auf die Elf-Stunden-Busfahrt nach Alta. Und nun am Tage konnte
ich auch endlich sehen, auf was sich der Bus da eigentlich fortbewegte. Die Straße war nicht
geräumt, der Schnee war bloß zu Eis festgefahren und es war ein wenig Splitt drübergestreut.
Die ersten Kilometer verbrachte ich betend und schwitzend in der ersten Reihe. Der Fahrstil
entsprach ganz dem zur Sommerzeit. Der Fahrplan ist identisch.

Auf der Fähre Lyngseidet nach Olderdalen gab es noch einen schönen Sonnenuntergang, dann
begann es zu schneien. Der Busfahrer kannte wohl die Strecke, denn gesehen haben konnte er
sie nun wirklich nicht mehr. Aber auch daran gewöhnt man sich. Hauptsache ich kam um 23.00
Uhr unbeschadet in Alta an.

Dort wurde es dann lustig. Mitten in der Nacht begann ich nun, das Hotel zu suchen. Nun ist
Alta zwar nicht einwohnerreich, aber die paar Leute sind ziemlich verteilt. So war es eine reich-
liche Lauferei herauszufinden, daß das Hotel kurzfristig umgezogen war und somit keine Karte
mehr stimmt. Aber auch Im Hotel gab es ein Problem. Mein Zimmer 19 gab es nicht. Zunächst
glaubte ich ja an totale Übermüdung (es war schon 0.30 Uhr inzwischen), da ich nur Schilder zu
den Zimmern 1 bis 5, 20 bis 29 und 30 bis 38 fand. Aber auch die Dame von der Rezeption irrte
fünfzehn (!!) Minuten durch ihr eigenes Hotel, bis das Zimmer in hinterster Ecke zwischen den
Zimmern 20 und 21 auftauchte.

Alta

Nach drei Tagen, die ich ständig nur in Bussen, Zügen oder auf Fähren verbracht hatte, war es
Zeit für einen "Ruhetag". Naja, ich unternahm einen Ausflug per Bus nach Kautokeino ins Landes-
innere. Und da gab es Schnee im Überfluß. Während entlang der Küste und am Rande der E6
meist eher geringe Schneemengen zu finden waren (10 bis 20 cm), so gab es hier am Rande der
Stadt schon mal die Chance, bis zu den Hüften im Schnee zu versinken.

Am Mittwoch (09. März 1994) ging es weiter gen Norden. Wobei mir auffiel, daß Busfahren in
Norwegen doch etwas wie Gassigehen ist. An jedem dritten Baum wird angehalten. Ständig will
einer raus oder rein. Das ist im Grude auch gar nicht zu bemängeln, zumal die Fahrpläne auch
diese Stops offenbar berücksichtigen, doch frage ich mich, wofür es dann trotzdem noch die
 Bushaltestellen gibt??

Nach zweieinhalb Stunden Fahrt erreichte der Bus Olderfjord. Hier stieg ich in den Bus in Richtung
Honningsvag um. Und das war dann doch schon ein seltsames Gefühl. Die Strecke gen Nordkapp
kann ich schon vom Sommer 1990 und 1993. Und jedesmal war es ein Hordenrennen in Richtung
Fähre mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln. Und nun hatte ich den Bus ganz für mich alleine,
der Bus hatte die Straße ganz für sich alleine und auf der im Sommer ständig überfüllten Fähre
Kafjord-Honningsvag stand diesmal nur der Bus und ich hatte das ganze Deck für mich alleine,
um  mir die Beine zu vertreten.

Gjesvaer

Am Folgetag dann der Sturm ganz nach Norden. Allen Befürchtungen zum Trotz war das Wetter
 hervorragend.  So ging es mit dem Bus von Honningsvag über Gjesvaer nach Skarsvag. Die letzten
 13 Kilometer der E69 sind im Winter gesperrt, so daß ich dann als Beifharer auf einen Snowscooter
 aufstieg und mit bis zu 120 Km/h in Richtung Norden raste.

Am Donnerstag, den 10. März 1994 um 9.54 Uhr hatte ich das Nordkapp erreicht. Was für ein
Unterschied zu meinen beiden Besuchen im Sommer 1990 und 1993. Überall, wo sich im Sommer
die Touristen tottrampeln oder ewig lange für ein Fotomotiv warten, hatte ich nun alles für mich
ganz alleine. Nur eine Mitternachtsonne gab es natürlich nicht.

Und dann dieses Wetter!! Mein Scooter-Fahrer konnte gar nicht oft genug betonen, wieviel Glück
ich mit dem Wetter hatte. Zumeist ist das Nordkapp im Winter sturmumpeitscht oder mal wieder
im Nebel verschwunden. Aber Sonne, fast windstill und mit 2°C nur minimal kühler als im Sommer
1993 (4°C), das war ein Traum.

 

Am Nordkapp, 10. März 1994

Einfahrtsbereich mit Nopdkapp-Halle im Hintergrund

Nordkapp-Halle

Nordkapp-Felsen mit Weltkugel

 

47 Minuten dauerte der Aufenthalt am Nordkapp, dann ging es zurück nach Skarsvag. Von dort
machte ich noch einen kleinen Spaziergang über den Hügel am Ort zum Kirkeporten, von wo aus
ich nochmal einen tollen Blick auf das Nordkapp hatte.

Zurück in Skarsvag gab es noch ein tolles Schauspiel. Während ich auf den Bus nach Honnings-
vag wartete, fiel eine Horde Deutscher in den kleinen Ort ein, stürmte den kleinen Andenkenladen
und war nach 10 Minuten auch wieder weg. In der Zeit setzte ich mich neben den Bus und hörte
mir an, wie überrascht so mancher Gast über den enormen Schnee war ("Schau mal Liebling, ich
bin bis zu den Knöcheln eingesackt, mach mal ein Foto..."). Da ich mir mühsam das Grinsen
verkniff, hielt man mich wohl für einen der deutschen Sprache nicht mächtigen Einheimischen.

So verfolgte ich gesapnnt eine Diskussion darüber, wie arm ich doch dran wäre, in so einem Kaff
 leben zu müssen. Was gibt es lustigeres als Landsleute im Urlaub zu beobachten...

Kirkeporten bei Skarsvag
Im Hintergrund das Nordkapp

Tags setzte ich die Reise in Richtung Osten fort. Mit dem Bus ging es von Honningsvag nach
Olderfjord und dann weiter mit dem Bus aus Alta in Richtung Kirkenes. Zwischendurch gab es
noch einen Zwischenstop in Karasjok. Und dank der Tatsache, daß Freitag war, hatte wir alle
zwei Stunden Aufenthalt. Was ich ganz toll fand, quittierten viele Mitreisenden mit lautem Ge-
mecker. Ja hatten da die Norweger etwa den Fahrplan nicht gelesen??

Karasjok präsentierte sich bei strahlendem Sonnenschein als Traum in Weiß. Da machte das
Herumlaufen wirklich Spaß. Wenn gleich das Highlight im Ort die eher unscheinbare Sibylle-
Filiale war (oder auch noch ist!). Für gerade mal 38,- NKr gab es ein vollständiges Mittagessen
und ich muß sagen, es war das beste Essen, das ich je bei einem Schnellimbiss gegessen habe!

Karasjok

Nach der Pause ging es auf die Schlußetappe nach Kirkenes (nochmal fünfeinhalb Stunden im
Bus). Und die Landschaft wurde immer trostloser und die Straße immer vereister. Nun fanden
sich im Straßengraben auch einige Autos wieder oder wurden gerade von der Straßenwacht
herausgezogen und bei den Pausen scheiterten alle Versuche, so die Eisstraße E6 mal zu Fuß
zu begehen kläglich, aber der Bus hielt sich an die Vorgabe 90 Km/h und ich wurde schon längst
deswegen nicht mehr nervös.

Die Zeit vertrieb ich mir mit Häusle-suchen. Immer wenn der Bus unvermittelt auf offenem Feld
anhielt und jemand zu- oder ausstieg, versuchte ich das Haus zu finden, in dem diese Person
in dieser Wildnis wohl leben könnte. Meist blieb die Suche aber erfolglos.

Zum Glück erreichten wir Kirkenes zwanzig Minuten zu früh. Als ich um 19.30 Uhr ins Hotel
kam, wollte  man gerade abschließen. Und das obwohl ich mich für 20.00 Uhr angemeldet
hatte, was auch im Hotelbuch so festgehalten war. Und so nebenbei: 450,- NKr für eine Zimmer
ohne Dusche und Klo fand ich doch ziemlich unverschämt (Barents Frukosthotell). In Honnings-
vag (Valanbo Gjestehus) war zwar der Kerl an der Rezeption ständig besoffen und bei  meinem
Einzug mußte er erstmal die Whiskeyflaschen aus dem Zimmer räumen, aber da gab es noch Klo
und Dusche im Zimmer. Und dann für nur 250,- NKr.

Naja, dafür hätte ich in Kirkenes auch schon ab 5.30 Uhr Frühstück haben können. Hätte haben
können... :-))

 

Teil Zwei:   Kirkenes - Hammerfest - Tromsö
Teil Drei:   Tromsö - Andenes - Lofoten
Teil Vier:   Bodö - Brönnöysund - Bergen

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