Jetzt wieder in Laufklamotten wanderte ich weiter.

Mein Magen hatte sich über Nacht etwas beruhigt und auch die Rückenschmerzen waren besser geworden.

Die Blase war aber immer noch da und störte das Wandern gewaltig.

Vorsicht, Querverkehr.

17 Stunden erledigt, jetzt nur noch sieben Stunden.

Ich wanderte die Runden nun knapp unter zwölf Minuten.

Da stellte sich allmählich die Frage, was noch drin war. Die 100 Kilometer-Marke schien doch machbar. Vor allem, seit das Ergebnis-System nun auch die Überhangs-Zentimeter mit berücksichtigte.

83 Runden zu jeweils 1205,37 Metern ergab genau 100,046 Kilometer. Was der Runde 35 am Marathon fehlte, hatte die Runde 83 für 100 Kilometer gerade so übrig. 

Also hatte ich wieder eine Mission. Diese Runde und dann noch 14.

14 Runden in etwas über sechs Stunden. Klang einfach, aber wenn man nicht (richtig) gehen kann, ist das vielleicht doch nicht so leicht.

Eigentlich mal ich Halbbitter-Schokolade nicht, aber die sah lecker aus.

Das Essen war über Nacht ein wenig durcheinander geraten.

Nach dem Umziehen war ich nun schon die sechste Runde ohne Pause unterwegs.

18 Stunden geschafft. Jetzt waren wir im letzten Viertel.

Immer noch etwas früh für einen Schlußspurt.

Durch meine nächtliche Pause war der Hörbuch- und Musik-Plan ziemlich durcheinander geraten.  

Ich verschob einen Teil der Musik, damit ich zumindest mein Hörbuch "Studio 6" zu Ende bekam.

Motivierende Musik brauchte ich für mein Tempo eh nicht. Das bestimmte ich über die Blase am rechten Fuß von alleine.

Nach der Runde 72 machte ich ein paar Minuten Pause, dann wanderte ich weiter.

Das war nicht der 24-Stunden-Lauf, den ich mit erhofft hatte. Fast 19 Stunden für knapp 90 Kilometer. Damit würde ich im August beim Mauerlauf an der Cut-Off-Zeit scheitern.

Jetzt versuchte ich, irgendwie auf 100 Kilometer zu kommen. Das klingt lächerlich für meine Ansprüche, aber was anderes hatte ich nicht mehr.

Positiv zu vermerken war, daß ich konditionell prima drauf war. Verschwitzt? Nö. Ich konnte nur nicht richtig gehen und das Gehumpelt tat weh.

Und wieder war eine Stunde geschafft. Nur noch fünf.

Die Zeit zum Frühstücken war gekommen. Insgesamt aß ich vier halbe Brötchen. Verteilt auf zwei Runden.

Bei diesem Lauf machte ich vieles, was ich noch nie bei einem Lauf machte. Es war auch erst mein 254. Start bei einem Lauf ab Marathon.

Diese und noch sechs Runden bis zur 100. Das klang einfach, aber es wurde immer schwerer und schwerer.

Selbst eine Runde ganz ohne Pause dauerte nun schon 14 Minuten. 

Ohne Pause ging es weiter. Auch wenn es schwer fiel, ich wollte diese 100 nun irgendwie zusammen bekommen.

Aber das könnte noch dauern. Bei meinem Tempo wohl noch über eine Stunde.

Zu meinen besten Zeit lief ich sechs Kilometer noch unter 24 Minuten. Nun würde ich wohl das Dreifache benötigen. Oder mehr. 

94 von 100 klingt wie so gut wie geschafft. Ist es aber nicht.

Wenn man nicht richtig laufen kann, dann nimmt man sich eben die Zeit für Fotos.

Ich hätte mir auch ein Kind mitnehmen können, dann wäre mein Geschleiche auch nicht aufgefallen.

20 Stunden geschafft. Jetzt noch vier Stunden bis zum Zielschluß und für mich noch vier Runden bis zur 100.

Nach acht Minuten Pause wanderte ich weiter.

Wäre ich nicht schon so nahe dran am Ziel hätte ich es wohl aufgegeben.

Das Humpeln wurde immer schlimmer und ich hatte keine Lust, mir hier längerfristig etwas kaputt zu humpelt.

Die Staffeln wurde immer noch nicht müde. Auch wenn man sich die Strecke mit 10 Läufern teilte, so war im Schnitt jeder über zwei Stunden unterwegs gewesen. Immer schön in 1205,37-Meter-Häppchen. 

Ohne Pause hinein in die 81. Runde. Diese und dann noch zwei.

Da kam schon so ein wenig Final-Stimmung auf. Nach dieser Runde machte ich aber wieder eine Pause. 

Aber jetzt. Die letzten beiden Runden zur Vervollständigung der 100 Kilometer würde ich doch wohl am Stück schaffen.

Da gab es immer noch welche, die genug Kraft zum Tanzen hatten. Neid.

21 Stunden geschafft. Jetzt waren es keine drei Stunden mehr.

Und für mich noch 1205,37 Meter bis zur 100.

Nun durfte ich mir eine Fahne nehmen und mich eine Runde lang feiern lassen.

Natürlich richtige Fahne.

Seit Stockholm sind Fahnen ja genau mein Ding.

Naja... Fahnen waren immer schon mein Ding. Während der Fußball-WM oder EM lief ich schon letzte Runden beim Allermöhe-Marathon mit Fahne. Mit meiner riesigen Fahne zum 250. Marathon in Stockholm brachte ich die Sache dann in eine ganz neue Dimension.

Und hier lief ich schon wieder mit Fahne.

Nicht zu vergessen, daß ich ja auch noch die "Team Falko"-Fahne am zelt hängen hatte.

Aber nun feierte ich zunächst einmal die kommende 100.

Auf der Runde bekam ich jede Menge Gratulationen und Applaus von Mitläufern, Zuschauern und auch von den Staffeln. Da fühlte man sich gleich wie ein König.

Auch wenn 100 Kilometer in über 21 Stunden keine tolle Leistung sind, ich hatte mich zumindest durchgebissen.

Alle Probleme irgendwie zur Seite geschoben und dann Schritt für Schritt weiter.

Das Ziel war nicht groß, aber trotzdem war es nicht einfach. Etwas zu erreichen, was nicht zwingend erreicht werden mußte, dazu mußte ich erst einmal überwinden.

Bawoooom!!! Nach 21:16:18 Stunden hatte ich die 100 Kilometer zusammen. Alleine die 83. Runde hatte 13:39 Minuten gedauert.

Einige waren schon so viel weiter als ich. Und eigentlich wäre ich auch gerne in deren Sphären gelaufen. Hat aber nicht sollen sein. Vielleicht nächstes Mal.

Aber diese Zahl hatte ich nun sicher.

Erst einmal Schuhe ausziehen und den Fuß ausruhen. Das tat gut.

Die nächsten 68 Minuten saß ich hier, machte Frühstück und freute mich wie ein Kleinkind über meine 100 Kilometer.

Obwohl mein Ergebnis ein läuferisches Desaster war, machte ich das beste draus. Dieser Lauf taugte nicht als Probe für den Mauerlauf acht Wochen später. Dort sollte ich tunlichst ohne Schmerzen und ohne Blase durchkommen.

Aber wenn ich erst wieder laufen muß, dann werde ich es wohl auch wieder tun.

Nun feierten erst einmal din anderen.

Tobias mit der 150-Kilometer-Fahne.

Isabel und Toni (plus Gabi in der Mitte) auf dem Weg zum zweiten bzw. dritten Platz der Gesamtwertung. 

Auch Ha-We kam später noch mit der 100er-Fahne vorbei, gewann zudem später seine Altersklasse.

Und Stefanie (hier in Orange) gewann die Gesamtwertung bei den Damen.

Und ich saß auf meinem Stuhl herum und freute mich. Das sollte ich nicht zur Gewohnheit werden lassen.