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Anekdoten
erlebt und aufgeschrieben von: Falko Haase
Ich habe hier einfach einmal einige nette
Geschichten zusammengetragen, die ich
während meiner Island-Tour 1997 erlebt habe. Einiges mag uns
Zentraleuropäern
etwas skuril vorkommen, aber auf Island ist halt alles etwas
anders.
Die Anekdoten in der
Übersicht:
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Über das Seldalsfjall
Also wer schon mit dem eigenen Auto und auch noch gleich Anfang Juni
nach Island
kommt, der sollte nicht unbedingt überall mit freien Straßen rechnen
(und ich meine
hier nicht die Hochlandspisten, die ohnehin teilsweise erst Mitte Juli
freigegeben
werden).
Mein Versuch, am 5.6.97 das Seldalsfjall im Nord-Osten des Landes zu
überqueren
(Straße 917 Egisstadir - Vopnafjördur) dauerte mehrere Stunden,
da ich erstmal
mein Auto aus dem Schnee ausbuddeln mußte (ich hatte mich völlig
festgefahren)
und dann auch noch die Straße auf gut 50 Metern festschaufeln mußte.
Allerdings
nicht mit einer Schaufel, sondern einem Stückchen Holz vom Wegesrand.
Das Freifahren aus dem Schnee und die Fahrt über die dadurch erschwert.
daß sich
die Straße zum Einen ziemlich steil bergauf ging, zum Anderen rechts
und links steil
bergab. Ohne Leitplanken versteht sich. Außerdem fuhr ich keinen Jeep,
sondern
"nur" einen VW Passat.
Von dort an ging ich alle Bergpassagen etwas respektvoller an. Eine
Wiederholung
dieses Spektakels gab es zum Glück aber nicht.
Der Fahrradträger
Wer unbedingt sein Fahrrad mit nach Island nehmen und seinen Drahtesel
mit dem
Wagen auf der Insel umherkutschieren möchte, der sollte sich einen verdammt
guten
Fahrradträger zulegen, besser noch, das Rad im Wagen transportieren.
Mein Fahrradträger (immerhin der gute Thule) versagte nach 500 Kilometern
guter
isländischer Schotterpiste. Zurück blieb ein Fahrrad mit gebrochenem
Gestänge. Da
ich keine Lust hatte, das Wrack noch wochenlang mit mir rumzuschleppen, fuhr
ich
den nächsten größeren Hof an (in diesem Falle Bakkaflöt
südlich Varmahlid). Aller-
dings verschenkte ich mein Fahrrad unter der Voraussetzung, daß man
meinen Fahr-
radträger für 11 bis 12 Wochen aufbewahren möge, damit ich
zumindest den auf der
Rückfahrt wieder einsammeln sollte. Das war am 9.6.1997.
Am 23.8.1997 tauchte ich dann wieder in Bakkaflöt auf und fragte nach
meinem Fahr-
radträger (durch das Nummernschild eindeutig als meiner zu identifizieren).
Zunächst
gab es viel ungläubiges Staunen, dann bekam ich meinen Fahrradträger
sogar blitz-
blank geputzt (!!) zurück.
Ich glaube, an dem Morgen haben so einige ihre Wette verloren.
:-)))
Der Radlagerschaden (1.)
Es ist schon ziemlich unangenehm, wenn man so auf Island unterwegs
ist und plötzlich
gibt das Radlager seinen Geist auf.
Für Uneingeweihte: Das Radlager sorgt dafür, daß das Rad
nicht auf der Achse scheift.
Und nun tat es das hinten links aber doch. Da half mir auch der "Triumpf",
es besser
gewußt zu haben als der VW-Mechaniker aus Wolfsburg, den ich am Vortag
getroffen
hatte. Der konnte im Gegensatz zu mir keine Unregelmäßigkeit am
Radlauf hören und
hielt mich für paranoid. Das Radlager war also schon da angeschlagen.
Das Unglück passierte am Freitag, 13.6.1997 um 22.45 Uhr isländischer
Zeit (Samstag,
14.6.1997, 0.45 Uhr deutscher Zeit). Damit war dann auch geklärt, ob
Freitag, der 13.
vielleicht ja immer nach der heimatlichen Zeit gerechnet wird.
Naja, auf jeden Fall hatte ich nun einen Reifen, der beim Weiterfahren immer
heißer
wurde, beim Stehenbleiben aber wegen des dann fehlenden Fahrtwindes
sicherlich
verglühen würde. So fuhr ich dann den nächsten Hof an. Der
war allerdings 25 Kilometer
weit weg.
Im ersten Anlauf fuhr ich am Stadarfell Hof einfach vorbei. Die Bremsen
funktionierten
nicht mehr. Mit etwas Geschick, Leerlauf und Handbremse brachte ich
den Wagen mit
qualmenden Reifen auf den Hof. Mit einem Wasserschlauch gossen wir fünf
Minuten
Wasser auf den Reifen, bevor auch nur das Zischen aufhörte.
Nun war es 23.45 Uhr. Zeit zum großen Essen. Für mich als Gast
wurde in der Küche
sofort ein opulentes Frühstück aufgefahren. Es dauerte auch nicht
lange, da hatten
sich noch acht Nachbarn eingefunden, die alle die Geschichte hören wollten,
warum
unangekündigt ein fremder Wagen auf dem Hof stand. Das wurde dann noch
so richtig
gemütlich.
Um 1.30 Uhr machte man sich dann an die Fehlersuche am Auto. Der Wagen
wurde
aufgebockt, der Reifen auseinandermontiert und das Radlager als fehlerhaftes
Teil
identifiziert. So konnte man dann um kurz vor 3 Uhr nachts(!!) mit dem
Telefonieren
anfangen, wo es denn neue Radlager gäbe.
Meine vorsichtige Anfrage, ob die Leute denn nicht schlafen würde,
beantwortete man
unbeeindruckt damit, daß die schon durch das Klingeln aufwachen
würden. Stelle sich
das mal jemand bei uns in Deutschland vor.
Um 3.45 Uhr entschuldigte man sich dann vielmals bei mir, aber so schnell
war für einen
1986`er Passat kein Radlager aufzutreiben. Ob es mir viel
ausmachen würde, wenn ich
die Nacht auf dem Sofa verbringen müßte??
Um 7.45 Uhr standen die schon wieder am Telefon und hatten dann auch bald
tatsäch-
lich ein Radlager aufgetrieben. Ganz in der Nähe sogar. Nun gab es
allerdings eine
einstündige Verzögerung. Man kann ja nicht einfach so mit einem
Gast im Auto los-
fahren. Der Wagen mußte natürlich erst innen und außen
blankpoliert werden. Naja,
Zeit zum Frühstücken.
Das Radlager fand sich dann auf einem kleinen Hof mitten in der Wildnis.
Viel gab es
auf dem Hof nicht mehr. Fast alles war verfallen oder verrostet, aber einem
lebte noch
jemand. Und der hatte ein Handy und eine Schublade voller Radlager.
Um 12.00 Uhr war dann der Wagen wieder repariert (abgesehen von der
Bremse). Man
ließ mich allerdings erst fahren, nachdem ich noch das Mittagessen
mitgenießen konnte.
Hatte man doch extra Lammbraten aufgefahren.
So hatte sich das Radlagerproblem dann in nicht einmal 15 Stunden
gelöst.
Der Radlagerschaden (2.)
Ganz war das Problem mit dem Radlager aber noch nicht ausgestanden.
Da war ja
noch die kaputte Bremse. So abgekühlt funktionierte immerhin die Bremse
hinten
rechts, aber der Bremsweg war insbesonders an den vielen isländischen
Gefällen
geradezu beängstigend.
So fuhr ich auch noch denselben Nachmittag den nächsten Ort an. Das
war in bloß
126 Kilometern Entfernung Stykkisholmur. Da war natürlich die Werkstatt
zu. Es
war Samstag, 15 Uhr. Also fragte ich bei der Tankstelle mal nach. Sofort
stürmten
drei Leute in verschiedene Richtungen los, um die Leute von der Werkstatt
zu suchen.
Keine 10 Minuten später war die Werkstatt auf.
Gut anderthalb Stunden montierte und schliff man an der Bremse herum. Leider
hatte
man gerade keine passende Bremse für einen 1986`er Passat da, was allen
ohne Ende
Leid tat.
Wirklich helfen konnte man aber nicht. Die Bremse hinten links war
durch die Hitze
völlig verschmort und zum Teil eingeschmolzen. Aber so ein wenig
Bremswirkung
hatte man noch rausholen können und im Ernstfall sollte ich die Handbremse
einsetzen,
aber nur vorsichtig, die funktionierte auch nur einseitig.
Auf meine Frage, was ich denn schuldig wäre, reagierte man fast etwas
beleidigt. Man
hätte doch gar nicht wirklich geholfen, die Bremse wäre doch noch
kaputt. Dafür könne
man doch nichts verlangen. Also Kosten: Null.
Kleine Anmerkung am Rande: Als mein Wagen jetzt im Dezember 1998
durch den TÜV
fiel, bemängelte man einen kleinen Riß im Scheinwerfer, nicht
funktionierende Nummern-
schildbeleuchtung, scharfe Kanten wegen abgebrochener Antenne und
durchgerostete
Türen. Die Bremsen und auch die Handbremse wurden nicht bemängelt.
So ging der
Wagen im zweiten Anlauf auch tatsächlich durch. :-)))
Nationalfeiertag in Reykjavik
Das Spektakel einer nächtlichen Straßenparty in Reykjavik
sollte man sich nicht ent-
gehen lassen. Zum 17. Juni, dem Nationalfeiertag, ist es natürlich besonders
heftig.
Dazu muß man wissen, auf Island beginnen die Parties erst spät
in der Nacht. Vor
ein Uhr nachts hat man die Stadt mehr oder weniger für sich alleine.
Aber dann!!!
Dann sind die Straßen plötzlich von Jugendlichen von 14 bis 26.
Sehr beliebt aller-
orts ist das stundenlange im Kreisfahren mit dem Auto (so kann man auch in
kleinen
Ortschaften den Eindruck eines gigantischen Verkehrsaufkommen
suggestieren).
Aber zurück nach Reykjavik.
Wenn man sich das Treiben aus der Ferne ansieht, stelle man schnell fest,
das da in
Unmengen gesoffen, sich viel geprügelt und laut herumgegrölt wird.
Interessant wird
es dann, wenn sich plötzlich eine Gruppe von 15 bis 20 jugendlichen
Schlägertypen
laut gröhlend und scheiend auf einen zubewegt. Und das auch noch ziemlich
rasch.
Tja, und während man noch dabei ist, mit seinem Leben abzuschließen,
ist der Haufen
auch schon rechts und links an einem vorbeigerauscht.
Anderthalb Stunden habe ich mitten im Tumult gestanden, ohne daß mich
auch nur
jemand angerempelt oder angepöbelt hatte. Naja, Bier hatte man mir ein
paarmal
angeboten und mich wegen meiner Herkunft befragt. Aber so einen friedlichen
Auf-
stand habe ich noch nicht erlebt.
Überigens: Am nächsten Morgen war alles wieder aufgeräumt
und nicht einmal die
Grünanlagen hatten sichtbare Schäden abbekommen.
Aktives mitfeiern sollte man sich schon wegen der Preise (Bier so ab 10,-
DM) genau
überlegen.
Das Wetter
Das Wetter auf Island ist so eine Sache für sich. Wenn es nicht
gerade Familientratsch
zu besprechen gibt, reden Isländer am liebsten übers Wetter. Kein
Wunder. Es ändert
sich alle fünf Minuten oder auch alle fünf Kilometer. Nur weil
gerade mal die Sonne
scheint, scheint sie weder automatisch auch in einer Stunde noch auch im
nächsten
Ort.
Im Großen und Ganzen sollte man sich tendentiell mit kalten Regen
anfreunden, der
einem von einem scharfen Wind um die Ohren gehauen wird. Aber keine Angst,
man
gewöhnt sich ganz schnell daran.
Die kälteste Nacht auf der Reise erlebte ich am 7./8. Juni 1997 in
Reykjahlid (Myvatn)
bei Schneesturm um -10°C. Am wärmsten war es am 13. August 1997
mit 18°C im
Skaftafell Nationalpark. Das war schon fast unangenehm warm.
Überigens: Wenn man sich mal Wetter "wünschen" darf, sollte
man genau formulieren
können. Bei der Überachtung in Hveravellir an der
Kjölur-Hochlandpiste hörte es den
ganzen Tag schon nicht auf zu regnen. Als dann abends sich eine christliche
Gruppe auf
dem Campingplatz einfand, gingen wir mit ein paar nassen Leuten rüber
und fragten
(eigentlich mehr aus Scherz), ob die nicht den Regen wegbeten könnten.
Und sie zündeten
tatsächlich eine Kerze an.
Und man glaube es kaum, fünf Minuten später war es vorbei mit dem
Regen. Allerdings
saßen wir den Rest der Nacht in einem heftigen Schneesturm.
Zeitung bestellen
Nehmen wir einfach folgenden Fall an. Ihr seid von Montag bis Mittwoch
fern ab jeder
Zivilisation, wollt aber trotzdem die Zeitung vom Dienstag haben. Geht
nicht??
Geht doch. Man spaziert einfach zur nächstbesten Tankstelle (auch wenn
man da noch
nie gewesen ist) und sagt Montagmorgen, man hätte gerne die Dienstagzeitung
zurück-
gelegt und hole die dann Mittwochabend ab. Das hört sich so bescheuert
an, das mußte
ja klappen.
Auf jeden Fall hatte die Tankstelle in Husavik am Mittwochabend tatsächlich
eine kom-
plette Auswahl isländischer Dienstagszeitungen parat, obwohl ich schon
angegeben
hatte, welche ich haben wollte. Zu bezahlen brauchte ich auch nicht, Dienstag
war ja
vorbei und die Zeitung eigentlich wertlos.
Und ich hatte jede Menge Infos und Bilder vom Marathon-Lauf in
Reykjavik.
Zeitungen auf Island
Eine interessante Sache des isländischen Zeitungsmarktes ist,
daß es keine Montags-
zeitungen gibt. Um eine Montagszeitung zu produzieren, müßte man
ja am Sonntag
arbeiten und sowas tut man auf Island nicht.
Dafür gibt es aber sehr schöne Sonntags-Zeitungen.
Furten mit einem Ford Escort
Eine Besonderheit am isländischen Straßenverkehr ist es,
daß es neben den "normalen"
Straßen auch die Hochlandpisten gibt. Diese sind nur mit mehr oder
weniger großen
Jeeps zu befahren. Wie groß der Jeep sein muß wird durch die
Tiefe der zu durch-
fahrenden Flüsse (Furten) bestimmt.
Wer als Normal-PKW-Turist einmal beim Furten zusehen möchte, der hat
eine leichte
Möglichkeit. Etwas nördlich vom Seljalandsfoss am Beginn der (besonders
schweren)
Hochlandpiste nach Thorsmörk kann man auch mit einen normalen Wagen
bis an die
erste Furt heranfahren und den Jeeps beim Durchfahren zusehen. Gerade
Freitagabend
ist dort Hochbetrieb.
Naja, und mit ein wenig Glück findet sich auch ein Idiot, der den Versuch
unternimmt,
mit seiner Familie im vollgepackten Fort Escort durch die Furt zu fahren.
Hierbei han-
delte es sich auch noch um Isländer, die vorher auch noch mich fragten,
ob man da
durchgefahren könnten. Von meinem "Nein" ließ man sich aber nicht
abhalten und
fuhr den Wagen ins Wasser.
Natürlich ging das nicht gut. Das Wasser war gut einen halben Meter
tief und natürlich
lief der Wagen voll. Die schafften zwar noch das Kunststück, bis zu
anderen Seite zu
kommen, dort gab der Wagen dann nur noch einen lauten Knall und viel
schwarzen
Qualm von sich.
Zwei Stunden später wurde der Wagen und die Familie Huckepack auf einem
Abschlepp-
wagen an meinem Campingplatz beim Seljalandsfoss vorbeigefahren.
Furten mit dem eigenen Wagen
Es gibt so Sachen, auf die kann man auch gut verzichten. Eine
Flußdurchfahrt im eigenen
VW Passat gehört eindeutig dazu.
Leider ist es auf Island nicht unüblich, daß kleinere Erdbeben
oder Vulkanausbrücke
unter einem Gletscher zu Schneeschmelzen führen und das abfließende
Wasser die
Straße überflutet. Oft kann man dem ausweichen. Unangenehm wird
es nur da, wo das
Wasser die Ringstraße überflutet und die einzig mögliche
Umleitung gänzlich unpaßier-
bar ist.
So geschehen am 24.8.1997 kurz vor Kirkjubaejarklaustur. Nach einer
Vollsperrung
am Wochenende (ich hatte also noch Glück), war die Straße "nur"
noch 20 cm unter
Wasser und auch "nur" noch auf 50 Meter Länge.
Die isländische Straßenwacht hatte alles aufgeboten, was man so
hat. Mehrere Abschlepp-
wagen, Krankenwagen, Polizei, die Bergwacht und ein Wagen von der örtlichen
Auto-
werkstatt. Und das auf jeder Seite.
Man schickte die Autos einzeln hindurch. Die Straße ist dort schnurgerade
und die Räder
mit langen Stöckern markiert. Trotzdem, wenn man erstmal mitten im Wasser
steht, die
Straße nicht mehr sieht und man merkt, wie das abfließende Wasser
am Wagen zerrt
und einen unaufhörlich von der Straße spülen will, dann kriegt
man doch ziemlichen
Bammel. Man darf ja auch nicht schnell fahren, sonst schwimmt man erst recht
davon.
Und so werden 50 Meter Wegstrecke unendlich lang.
Wie tief 20 cm tatsächlich sind, daß kann man am besten erleben,
wenn man noch ein
wenig stehen bleibt und den nächsten Wagen zusieht. Da bekommt man
nachträglich
noch kalte Füße.
Ein Foto vom Campingplatz
In Reykjavik gibt es im Stadtteil Laugardalur einen großen
Sportpark mit großem
Fußballstadion, einer Eishalle, markierten Laufwegen und einem großem
Schwimm-
bad. Der Clou: Das Schwimmbad liegt genau neben dem Camingplatz. So kann
man
jederzeit (7-22 Uhr) die heißen Quellen, Hot Spots und das Schwimmbad
selbst nutzen
(Freibad mit sehr warmem Wasser).
Bei meinen zehn Übernachtungen auf dem Campingplatz hatte ich mir im
Laufe der
Zeit einen Lieblingsplatz ausgeguckt, der genau neben der großen
Tribüne des Frei-
bades lag. So kam gegen Ende des Urlaubs die Idee auf, den Campingplatz doch
mal
von der hohen Tribüne aus zu fotografieren.
So fragte ich im Schwimmbad an, ob es möglich wäre, mal auf die
Tribüne zu kommen.
So ginge das nicht. Die Tribüne würde man nur für Gruppen
oder bei Wettkämpfen
öffnen. Aber wenn ich versprechen würde, die Schlüssel
wiederzubringen... So drückte
man mir die Schlüssel in die Hand und ließ mich völlig unbewacht
die Tribüne auf-
schließen, um ein paar Fotos zu schießen.
Die Reifen
Autoreifen und isländische Straßen, das ist so eine Sache.
Nur ein kleiner Teil des
isländischen Straßennetzes ist asphaltiert und selbst auf der
Ringstraße sind 30%
noch Schotter. Abseits der Hauptstraße huckelt man sich teilweise nur
noch mit 20
bis 30 Km/h vorwärts.
Die Hauptschäden am Wagen liegen damit auf der Hand. Kaputte Scheiben
und
Scheinwerfer durch Steinschlag und natürlich platte Reifen.
Oh, wie oft habe ich auf meiner Tour am Rand kaputte Jeeps jeder
Größenordnung
gesehen. Abends auf den Campingsplätzen die Stories von Leuten, die
alle 500 Km
Reifen wechseln oder nicht einmal schadenfrei den ersten Berg bei
Seydisfjördur
geschafft haben.
Aber mein kleiner zweirad-angetriebener VW Passat mit den megagünstigen
rund-
erneuerten und bei Tourbeginn schon 10.000 Km alten Reifen: 10.613,4
Kilometer
isländische Straße, alle äußersten Punkte abgefahren
und nicht eine einzige Reifen-
panne gehabt!!! :-)))
Der Bergsturz vom Kverkfjöll
Die letzte Geschichte ist nicht ganz so lustig, aber dafür um
so lehrreicher, worauf
man achten sollte, wenn man ins isländische Hochland aufbricht. Selbst
wenn man es
mit professioneller Führung macht.
Für die letzten drei Tagen meines Aufenthaltes in Island hatte ich noch
eine Hochland-
tour zum Kverkfjöll-Gebirge gebucht. Ganz offiziell bei BSI Travel in
Reykjavik. Die
Tour wird seit Jahren unter dem Namen "Ice-and-Fire-Expedition" angeboten.
Zum
Teil kann die Tour auch von Deutschland aus gebucht werden.
Am ersten fuhren wir mit dem Bus von Husavik über Reykjahlid und
Mödrudalur ins
Hochland bis zur Berghütte Sigurdarskali am Fuße des
Kverkfjöll.
Am zweiten Tag dann die Kverkfjöll-Bergwanderung. Der Bergführer
(seit drei Jahren
im Sommer einmal die Woche auf dieser Tour unterwegs - laut eigener Angabe)
warnte
vor der Tour ausdrücklich vor dem schweren Aufstieg über den Gletscher
und riet vor
allem einigen "älteren" Mitreisenden (ab 40) von der Wanderung ab.
Der Aufstieg (ca. 5 Stunden) war konditionell anspruchsvoll, aber technisch
leicht. Nur
am kurzen Gletscherstück mußte unser Bergführer ein paar
Stufen ins Eis hauen und
er riet uns, nicht runterzusehen.
Am Gipfel stecken wir im Nebel. Dabei viel uns auf, daß keiner eine
Ahnung hatte, mit
wievielen Leuten wir eigentlich unterwegs waren. Ob da jemand im Nebel die
Orientierung
verloren hatte oder abgestürzt war, konnten wir gar nicht kontrollieren.
So liefen wir
dann weiter. Hinter dem Gipfel machten wir noch eine Pause in einer
Berghütte, dann
kam der Abstieg hinter dem Berg herum.
Inzwischen hatte Regen eingesetzt. Nicht einmal überraschend, wie wir
später erfuhren.
Drei Isländer aus unserer Reisegruppe hatten genau dieses
verhängnisvolle Wetter schon
morgens vorhergesehen und waren gar nicht mitgekommen. Sie hatten auch
unseren
Bergführer gewarnt, der uns aber nichts erzählt.
Der Abstieg war sowas wie versuchter Selbstmord. Mit ca. 30 Personen einen
Lavaberg
herunterlaufen. Auf dem aufgeweichten Boden traten wir uns gegenseitig die
Steine gegen
die Beine, wer ausrutschte, drohte gleich einige Meter abzurutschen. Und
diese Lavasteine
sind hart, spitz und haben zum Teil messerscharfe Kanten. Dazwischen wateten
wir durch
knöcheltiefen Matsch oder rutschten durch heiße Solfataren-Gebiete,
wo wir beim Abstieg
wegen heißen Dampfes von vorne den Boden nicht mehr sahen.
Schon da übernahm zeitweise ein italienischer Bergprofi die Regie und
führte uns um
einige extreme Stellen herum. Nur den Weg nach Hause kannte er
natürlich nicht. Leider
unser isländischer Führer auch nicht mehr. So glaubte, er eine
Abkürzung zu kennen.
Und anstatt weiter dem Fluß zu folgen, der auch an der Zielhütte
vorbeiführt, führte er
uns wieder auf den Berg hinauf. Bei Wiederabstieg landeten wir dann in einer
Sack-
gasse. Der Weg nach unten wurde zu steil. Immer wieder brachen unter unseren
Füßen
die Steine weg und wir rutschten ein Stück nach unten.
Als garnichts mehr ging, drehten wir um. Und da passierte es. Der Stein unter
mir gab
nach. Ich rutschte auf den Stein darunter, der aber auch nicht fest war.
So rutschte ich
schon bäuchlings auf den nächsten Stein, der auch nachgab und dann
kam erstmal nur
noch Luft. Kurz darauf knallte ich auf einen Vorsprung und rutschte dann
auf einer wie
eine Sprungschanze geformten Fläche weiter, immer wieder durch Unebenheiten
durch-
geschüttelt. Es wurde dann flacher und irgendwann konnte ich mit den
Füßen tatsächlich
anhalten. Ca.100 Meter tiefer als noch Sekunden zuvor.
Die Verletzungen waren verhältnismäßig gering. Beide Hände
und alle Finger beidseitig
aufgerissen, Prellungen an Knien und am Rücken und beide Beine blutig
aufgerissen.
Daß da nicht mehr passiert war, verdanke ich auch dem kalten Wetter,
weswegen ich
zwei Jacken und drei Hosen trug.
Der Bergführer hatte das natürlich mitbekommen und rief auch gleich
"Come Up!"
zu mir runter. In spontaner Ermangelung passender englischer Worte antwortete
ich
auf Deutsch mit "Leck mich am A....!". Das hatte er wohl verstanden. Er zeigte
mir
dannan, wohin er gehen wolle und in welche Richtung ich gehen solle.
Ich sammelte erstmal für 8000,- DM Video- und Fotoschrott ein, sofern
ich es überhaupt
wiederfand. Dann humpelte ich zum Treffpunkt. Nach einer Stunde waren wir
wieder
eine Gruppe.
Und nun wurde es "lusitg". Verbandszeug oder sowas hatte natürlich keiner
dabei. Auch
ein Handy oder ein Funkgerät gab es nicht. Einfache Erklärung:
Wer am Kverkfjöll mit
all den stitzen Lavasteinen, den Schluchten und den Gletscherspalten
abstürzt, bei dem
kommt es nicht mehr darauf an. Allerdings: Hätte ich mir nun ein Bein
gebrochen oder
sonst nicht hätte laufen können (bis zur Hütte waren es noch
3 Stunden!!!), dann wäre
ich über Nacht am Berg geblieben. Im strömenden Regen, noch +2°C
die ganze Nacht?
Der Hubschrauber wäre erst am Folgetag gekommen, dann bis zum nächsten
Handy
war es schon dunkel.
So machte ich mich mit Taschentüchern verbunden auf den Weg. Ich glaube,
alleine die
brennende innere Wut auf unseren Bergführer ließ mich die Schmerzen
vergessen. Be-
sonders die offenen Wunden am Bein unter den nassen und dreckigen Hosen machten
mir zu schaffen.
Und unser Bergführer wußte immer noch nicht, wo wir waren. Anderthalb
Stunden
später, wir waren wieder zurück am Fluß, wollte er wieder
zurück auf den Berg. Und
da machte ich ich nicht mehr mit. Zum Einen hätte ich ohne Möglichkeit
zum Festhalten
und nur einem leidlich sicherem Bein ohnehin nicht mehr Klettern können,
zum Anderen
wollte ich kein zweites Mal grundlos den Fluß verlassen und ging einfach
weiter. Zum
Glück waren auch die meisten anderen Mitwanderer derselben Meinung und
so liefen
wir weiter den Fluß entlang. Nur 15 Minuten später kam wir an
einem Punkt vorbei,
wo wir morgens noch einen Markierungspfahl wieder aufgerichtet hatten
(unverkennbar,
wir hatten ihn an der Spitze in drei Teile zerhauen). Da war dann endgültig
klar, wir
waren auf dem Weg nach Hause.
12 Stunden dauerte die Tortour, von der nicht zuletzt auch der italienische
Bergprofi
meinte, das sei selbst für ihn in Teilen unzumutbar gewesen. Und wir
waren überwiegend
mit Amateuren und Jugendlichen unterwegs. Unser
Bergführer wurde den ganzen Abend
nicht mehr gesehen.
In der Hütte gab es leider auch kein Verbandszeug und die
Hüttenleiterin konnte außer
einem "Das sieht aber gar nicht gut aus." nicht weiterhelfen. Zum Glück
hatten zwei
Schweizer unter den Mitreisenden einen ersten Hilfekoffer dabei. So kam ich
zumindest
zu einer Grobversorgung mit Verbänden und Desinfektionsmitteln. Am Folgetag
stand
ja noch eine 11-stündige Busfahrt nach Hause auf dem Programm.
Eines habe ich gelernt: Ein Minimum an medizinischem Grundbedarf
sollte man auch
bei organisierten Touren dabei haben. Auch ein Handy wäre durchaus
nützlich, wenn
man auf Nummer Sicher gehen will. Und oftmals sind die eigenen Instinkte
besser als
jeder noch so merkwürdige Profi-Tip.
Überigens, wenn ich nochmal nach Island fahre, werde ich diese Tour
nochmal mitmachen.
Und dann möchte ich heil, lebend und mit Aufnahmen der ganzen Tour
wiederkommen.
Es ist nämlich wirklich eine spektakuläre Landschaft, in die man
geführt wird.
Kleiner Nachschlag gefällig?? Zurück in Husavik am eigenen
Auto glaubte ich, nun
wäre die schlimmste Zeit vorbei. Aber denkste. Wie komme ich praktisch
ohne Finger
an meine Wagenschlüssel heran? Wie fährt man denn Auto, wenn man
das Lenkrad
nicht anfassen kann? Am nächsten Morgen fuhr meine Fähre von
Seydisfjördur nach
Dänemark zurück. Ich mußte nur noch die 260 Kilometer schaffen.
Nachts über die
isländischen Schotterpisten und diverse heikle Bergpässe.
Naja, für den Automatikwagen reichte zum Glück ein halbwegs
heiles Bein aus und
gesteuert wurde abwechselnd mit dem Knie, den Ellenbogen und den Handballen.
Und
tatsächlich, nach nur 6 Stunden und etlichen sehr brenzlichen Kurven
ohne Leitplanke
hatte ich den Fährhafen pünktloch erreicht.
Ich hätte gar noch eine Stunde mehr Zeit gahabt. Auf der letzten
Serpentinen-Abfahrt
runter nach Seydisfjördur war noch ein Volvo aus Schweden abgestürzt,
der dann mit
Polizei-Hilfe noch auf die Fähre geschoben wurde.
Fotos von der Island-Tour 1997 gibt es hier
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