MS "Diana"
(gebaut: 1931)
MS "Wilhelm Tham"
(gebaut: 1912)
MS "Juno"
(gebaut: 1874)

Göta Kanal 1996

Normalerweise steigt man ja entweder in Göteborg oder auch in
Stockholm auf einen der Göta-Kanal-Dampfer und läßt sich dann
dreieinhalb Tage lang an Bord verwöhnen. Man kann sich natürlich
auch ins Auto setzen und dem Dampfer die Strecke folgen. Das
spart zwar Geld, aber... naja, davon soll dieser Reisebericht jetzt
erzählen.

Übersicht zur Reise entlang des Göta Kanals


1. Tag: 7. Juli 1996 (Göteborg-Vänern)

Früh morgens um 5.10 Uhr kam ich mit dem HSS-Boot der Stena Line in Göteborg an. Aber
was macht man morgens um 5.10 Uhr in Göteborg?? Na klar, einen Stadtbummel. Eine ganz
interessante Sache. Gerade so am Sonntag früh hat man es doch ganz massiv mit den "Über-
bleibseln" der vergangenen Nacht zu tun.
Betrunkene Schweden schafft man sich am besten dadurch vom Hals, in dem man so tut, als
ob man selbst noch betrunkener wäre. Dann hat man Ruhe. Und Spaß gleichzeitig.

Um 8.15 Uhr fand ich mich dann am Packhuskajen bei der MS "Wilhelm Tham" ein. Dort traf
ich auch erstmals auf ein Kamera-Team des belgischen Fernsehen, welches dieser Geschichte
noch ihren ganz besonderen Kick geben sollte. Die Belgier hatten jedenfalls im Prinzig dieselbe
Idee wie ich: Die Reise der MS "Wilhelm Tham" von Göteborg nach Stockholm auf Video
festzuhalten.

Vor der Abfahrt gab es am Packhuskajen noch eine kleine Folklore-Vorstellung am Kai und
dann um 8.45 Uhr ging die Reise in Richtung Stockholm los.

Das erste, was wir auf der Tour wahrnahmen, waren die quitschenden Reifen des Mietvans
des belgischen TV-Teams, welches vom Kai ab in bester Action-Film-Manier mit unglaub-
lichem Tempo über zwei rote Ampeln in Richtung Norden raste. Wo die bloß so schnell
hinwollten???

Ich startete meine Verfolgungsjagd des Schiffes zunächst entlang des Göteborger Hafens, wo
sich einige nette Nebenstraßen zum Parallel-Fahren anboten. Der erste Stop war auf der 47
Meter hohen Angeredbrücke. Von dort hat man einen fantastischen Ausblick über den Göta-
älv. Die MS "Wilhelm Tham" wirkte von dort oben eher winzig, obwohl das auf das 32 Meter
lange Schiff gewiß nicht zutrifft.

Weitere Stops machte ich zu Füßen der Festung Bohus und am kleinen Hafen von Häljesröd.
Bei Lilla Edet an der ersten Schleuse konnte ich mich dann erstmal in aller Ruhe etwas ins
Gras setzen und ausruhen, bis dann "mein" Schiff ankam. Von den Belgiern war auch drei-
einhalb Stunden und 51 Kilometer nach der Abfahrt in Göteborg  keine Spur.

In Trollhättan traf das Schiff dann auf die erste große Schleusen-Treppe. Um rechtzeitig bei
den unteren Schleusen zu sein, nicht aber später den Anschluß zu verpassen, parkte ich in
der Stadt und raste mit dem Fahrrad die zweieinhalb Kilometer die Straße entlang der Schleu-
sen runter. Und kam auch gerade noch rechzeitig. An der Stelle bin ich auch den ersten Mit-
reisenden an Deck des Schiffes aufgefallen. So ein Typ mit roter Jacke fällt ja auch auf, wenn
er immer und überall auftaucht.

Apropos Auftauchen. Um 16.00 Uhr kam auch das belgische TV-Team in Trollhättan an. Die
waren irrtümlich davon ausgegangen, daß die erste Schleuse beim Schloß Lackö (also mitten
im See Vänern) plaziert wäre und das Schiff dort um 10.00 Uhr ankäme. Um dieses schaffen
zu können, hätte das damals 84 Jahre alte Schiff allerdings eine Geschwindigkeit 120 Stunden-
 kilometer vorlegen müssen. Die eher schlechte Vorbereitung der Belgier auf die Reise zeigte
sich dann auch weiter, als man plötzlich von mir wissen wollte, wo denn nun die nächste
Schleuse wäre. Dazu legte man mir eine Schweden-Karte vor, deren Maßstab mich sehr an
einen Globus erinnerte. So holte ich meine 1:20.000`er Karte aus dem Auto und half weiter.

Die letzte Station des Tages war Vänersborg. Zunächst die Schleuse von Brinkebergskullen
und dann ein toller Ausblick von der Hochbrücke. Und während die MS "Wilhelm Tham"
sich nun auf die Reise über den Vänern machte, war für mich um 18.30 Uhr das Verfolgungs-
rennen für den Tag beendet. Nach einem Abendessen in Vänersborg fuhr ich 130 Kilometer
um den Vänern herum bis nach Sjötorp, wo die MS "Wilhelm Tham" am nächsten Morgen
erwartet wurde.

Natürlich konnte ich nicht schlafen gehen, bevor ich nicht zunächst noch den tollen Sonnen-
untergang über dem See genossen hatte. Das Einschlafen im Auto genau neben der Haupt-
straße in Sjötorp war 21 Stunden nach meiner Abfahrt von Frederikshavn (Dänemark) gar
kein Problem. 

Mehr Bilder vom Göta Kanal und Schweden gibt es hier
  Ausblick von der Angeredbrücke

Sonnenuntergang bei Sjötorp


2. Tag: 8. Juli 1996 (Sjötorp-Motala)

Der nächste Tag begann um 1.52 Uhr. Ich machte mich auf den Weg runter zum Vänern, wo
kurz darauf in der Ferne die Positionslichter und Suchscheinwerfer der MS "Wilhelm Tham"
auftauchten.

In Sjötorp beginnt der eigentliche Abschnitt des Göta Kanals. Ab hier sind die Schleuse auch
weit kleiner, als noch die Schleusen von Trollhättan, Lilla Edet und Vänersborg, in denen auch
größere Schiff geschleust werden können. Die Schleusen im eigentlichen Kanal sind nur un-
wesendlich größer als die MS "Wilhelm Tham", die sozusagen in die Schleusen hineingebaut
wurde.

Das Schleusen ist schon ein tolles Spektakel. Man glaubt im ersten Moment gar nicht, daß
das Schiff in die kleine Schleusenkammer passen könnte. So ganz einfach ist es dann auch
nicht. Die Bord-Wand ist eigens mit Rundhölzern geschütz, da das Millimeter-Rangieren
nicht machbar ist, ohne die Schleusenmauer regelmäßig zu rammen.

So dauerte es auch nicht lange, bis die ersten Passagiere, aufgeweckt vom lauten Poltern des
Schleusens, an Deck auftauchten. Sie schauten, oft in Schlafanzug oder mit dem Kopfkissen
in der Hand an Deck auf, schauten kurz umher und gingen wieder schlafen. Schade eigentlich,
da hatten sie nun soviel Geld bezahlt und keiner bekam zwei Stunden und etliche Schleusen
und Brücken später den wunderschönen Sonnenaufgang mit.

Das große Problem beim Verfolgen des Schiffes per Auto ist es, daß man mit dem Auto nicht
direkt am Kanal entlangfahren kann und die Umwege teilweise recht weit sind. Auch wenn ich
mit dem Auto selbstverständlich schneller war als das Schiff, mußte ich mich doch immer
sehr beeilen, zumal nicht jede Schleuse, Brücke oder der Karte zufolge schöne Kanalstelle per
Auto erreichbar war, also auch das Fahrrad immer wieder zum Einsatz kam.

Eine Schleuse folgte der nächsten, eine Brücke nach der anderen öffnete sich vor dem nahen-
den Schiff und jedesmal zerriß eine Alarmklingel oder etwas ähnliches die morgendliche Ruhe
am Kanal. Die Reise führt durch weitgehend unbewohntes Gebiet. Nur ab und zu war in der
Ferne ein einzelnes Haus zu sehen.

Die meines Erachtens schönste Schleuse ist die von Godhögen. Wunderschön gelegene zwei
Schleusentreppen mitten in einem Wald. Dazu schien die Sonne durch die Bäume und über
dem Kanal lag ganz leicht Nebel auf dem Wasser. Aber auch dieses Schauspiel gegen 6.00
Uhr bekam außer dem Bordpersonal, welches mit dem Decken des Frühstücktisches beschäf-
tigt war, keiner mit.

Bei der Schleuse von Riksberg kam es zum Zusammentreffen der MS "Wilhelm Tham" mit
dem Schwesterschiff, der MS "Diana". Dort standen immerhin ein paar Mitreisende an Deck
und schauten sich die Begegnung an. Einige nutzten auch zwei dicht beieinanderliegende
Schleusen, um sich an Land etwas die Beine zu vertreten.

Meine belgischen "Freunde" kamen gegen 8.00 Uhr während der Durchfahrt Töreboda erstmals
an Deck. Töreboda hat etwas ganz besonderes zu bieten. Und zwar (laut Eigenwerbung) nicht
nur die kleinste Fähre der Welt, sondern sogar die kleinste Fähre in ganz Schweden. Sie ver-
kehrt auf Anforderung und überquert den nur wenige Meter breiten Kanal für 50 Öre je Fahrt
und Passagier (für Fans: die Zehnerkarte kostet 4 Kronen (ca 1 DM) - Stand: 1998).

Mit den Belgiern kamen wieder die Probleme. Ständig standen die an der Deckspitze herum
oder ließen das Schiff zum Ein- oder Aussteigen an. Mit ihrer wohl sehr rücksichtslosen Art,
sich an Deck Platz zum Filmen zu verschaffen, hatten sie es sich mit den Passagieren schon
lange verscherzt. Das war den Belgiern aber eher egal. Da störte ich schon mehr. Immerhin
stand ich denen ja mehr im Wege als sie mir. Welche Schleuse oder Brücke auch immer sie
filmten, sie hatten auch immer mich im Bild. So direkt sagen konnten sie mir das natürlich
nicht, weil sie ja auf meine Karte angewiesen waren, wenn sie denn wollten, daß ihr Mietvan
auch immer schön dem Schiff folgte.

Nicht zuletzt auch auf Bitten einiger Passagiere, mit denen ich mich weit besser verstand und
die meine Ein-Mann-Verfolgung sehr interessiert betrachteten, verriet ich den Belgiern dann
auch nicht alle hübschen Orte entlang des Kanals, so daß wir alle hier und da auch mal unsere
Ruhe hatten.

In der kleinen Ortschaft Tatorp, die aus gut einem Dutzend Häuschen besteht, gibt es noch eine
handbetriebene Schleuse. Das macht schon Spaß, mal selbst eine Schleuse zu schließen oder
zu öffnen. Das ist gar nicht so schwer wie man glauben mag. Zumeist läßt man kleine Kinder
an dieser Stelle ran.

Einer der Höhepunkte jeder Göta Kanal-Reise ist gewiß die Schleuse von Forsvik. Dort wird
jedes Göta Kanal-Schiff von einer Gesangsgruppe begrüßt wird, die während des Schleusens
christliche Lieder singt und dabei der Fahrt und allen Passagiere Gottes Segen mitgibt. Das war
auch dieses Mal sehr schön anzusehen. Den Belgiern muß aber der Sinn der frohen Botschaft
der Gesangsleute entgangen sein. Erst schlug man mir die Kamera aus der Hand und als ich
dann versuchte, wenigstens kniend von unten an Bilder zu kommen, gab es erst einen Tritt
 in die Rippen und einen Kniestoß an den Kopf.

Hinter Rödasund verschwand für mich das Schiff erstmal auf dem See Vättern. Da war nun
wirklich kein Hinterherkommen mehr. 112 Kilometer lang ist die Straße von Rödasund nach
Vadstena. Das Schiff braucht für die Seequerung aber nur eine Stunde.

So traf ich die Passagiere dann beim Landgang in Vadstena wieder. Die mit einem keinen
Touristenzug und ich zu Fuß hinterher. Die alte Stadt hat eine ganze Reihe von Sehenswür-
digkeiten zu bieten. Ein altes Schloß, eine sehr schöne und gewaltige Kirche und ein Kloster
aus dem 14. Jahrhundert. Leider wurde der Rundgang durch heftigen (aber warmen) Regen
getrübt.

Ohne auf das Schiff zu warten, fuhr ich dann schon mal nach Motala vor. Motala ist Fans der
Kommissar Beck-Krimiserie sicher bekannt aus "Die Tote im Göta Kanal". Die meisten Fleck-
chen  aus dem Roman findet man auch problemslos wieder. Die Verfilmung des Buches fand
auch dort am Originalplatz statt.

Als die MS "Wilhelm Tham" gegen 21.00 Uhr Motala zur Nachtruhe anlief, habe ich bereits
auf dem Parkplatz bei Storeberg (einige Kilometer außerhalb Motalas), mit wunderschönem
Blick über den Boren-See geschlafen.

Mehr Bilder vom Göta Kanal und Schweden gibt es hier
Sonnenaufgang bei Rogstorp

 

Die Schleuse von Godhögen


3. Tag: 9. Juli 1996 (Motala-Mem)

Trotz eines gewissen Schlafdefizites war ich selbstverständlich zur Weiterreise um 5.00 Uhr
zurück in Motala. Diesmal waren auch weit mehr Leute an Deck. Das Fahrt durch Motala ge-
hört mit zu den schönsten Teilen des Kanals. Auch kann man hier einen Teil des Weges mit
dem Wagen direkt am Kanal entlang fahren. Das gab schöne Aufnahmen. Und im Gegensatz
zu meinen belgischen "Freunden", die mich neidisch beobachten, hatte ich Kanal und Schiff
auf dem Band und nicht "bloß" den Kanal.

Kommen wir nun wieder zur Rubrik "Besser gut schmarotzt als selbst nachgedacht". Nach
der Schleuse von Borenshult schipperte die MS "Wilhelm Tham" über den Boren-See. Von
meinem Übernachtungspaltz kannte ich ja bereits einen tollen Aussichtsplatz über den See.
Und als ich so mit der Videokamera dastand und filmt, quitschten hinter mit auf der Haupt-
straße ganz furchterlich Bremsen. Die Belgier in ihrem Mietvan hatten mein Auto erkannt
und eine Vollbremsung hingelegt. Dem augenblicklich einsetzenden lauten Hupen war zu
 entnehmen, daß der nachfolgende Verkehr dieses Manöver nicht ganz so lustig fand.

Zum Totlachen dann der Halt in Borensberg. Dort gibt es die neben Tatorp einzige noch
handbetriebene Schleuse. Während des Wartens auf das Schiff kurbelten die Belgier 15
Minuten lang die Schleusenkammer auf und wieder zu und filmten sich gegenseitig dabei.
Die eigentlich dafür angestellte Schleusenwärterin konnte kaum glauben, was sie da mit
ansah.

In Borensberg gibt es noch zwei Besonderheiten. Zum einen das Göta Hotell, ein alter und
typisch schwedisch roter Holzbau und einen alten Mann, der die Schiffe ein Stück den Ka-
nal entlang mit seiner Geige begleitet. Und leider bekamen die Belgier mit, daß ich nach der
Durchfahrt des Schiffes durch die Schleuse nicht ins Auto sprang und weiterfuhr, sondern
eben zu Fuß dem Kanal folgte. So kamen sie auch zum Geiger. Erst rannten sie mich dreimal
über den Haufen und anschließend behaupteten sie auch noch, ich wäre ihnen ins Bild gelau-
fen.

Naja, nun gehöre ich eigentlich nicht zu den Revanchisten dieser Erde, aber gefreut hat mich
das Geschehen am folgenden Aquädukt dann doch. Tatsächlich Aquädukt!! Der Göta Kanal
überquert die Straße 36. Ich fuhr mit der Kamera genau in dem Moment durch, als das Schiff
oben drüberfuhr. Und war damit knapp vor dem belgischen Wagen dort. Deren Plan, ihr Auto
und das Schiff zu filmen mißlang. Nun hatten sie mein Auto und das Schiff. Wie blöde. Sie
hätten die Szene 90 Minuten später am Ljungsbro Aquädukt wiederholen können. Hätten. Dazu
hätten sie aber von irgendwem über das zweite Aquädukt informiert werden müssen.

Das Stück von Borensberg nach Berg gehört wieder zu den ruhigeren Streckenabschnitten. An
dieser Stelle gibt es keine Schleusen, nur jede Menge schöne Stellen und kleine Brücken, an
denen regelmäßig andere Boote auf den "Ausweichplätzen" die Vorbeifahrt der für den Kanal
sehr großen Schiffes abwarteten.

Bei Berg gibt es insgesamt elf Schleusenstufen. Darunter die größte Schleusenanlage mit sieben
 hintereinanderfolgenden Kammern. Hier begann dann auch ein Unwetter, welches es auch in
Schweden im Sommer nur selten gibt. Der Regen prasselte, daß man keine 100 Meter weit
sehen konnte und dazu auch noch starker Sturm. Das stellte meine Filmausrüstung doch vor
arge Probleme. Die konnte ich aber zunächst für eine halbe Stunde vergessen, als ich während
des langen Schleusens in Berg vom Kapitän an Bord zum Mittagessen eingeladen wurde. Wegen
Platzmangels mußte ich zwar in der Küche essen und nicht im wunderschönen Speisesaal, aber
beschwert habe ich mich selbstverständlich nicht.

Hinter Berg verschwand die MS "Wilhelm Tham" dann sehr schnell auf dem Roxen-See im
dichten Regen.

Auf der anderen Seite des Roxen-See bei Norsholm begann dann für mich eine Wasserschlacht
 der Extraklasse. Der Regen war eher noch schlimmer geworden, aber ich folgte dem Schiff un-
 aufhörlich von Punkt zu Punkt, war auch dabei, als das Schiff bei Björnavads auf Grund lief
und einige Zeit zum Freikommen benötigte. Sogar die abgelegenste alles Schleuse bei Hulta
erreichte ich über eine sehr abenteuerliche Piste, wobei ich das letzte Stück bergab mehr auf
dem Schlamm runterrutschte als daß ich noch fuhr. Vor lauter Sturm bekam ich die Wagentür
nur mit Mühe auf, aber es gab eine leere Hütte zum Unterstellen.

Von dort aus fuhr ich dem Schiff bis Söderköping voraus und ihm von dort mit dem Fahrrad
wieder 12 Kilometer entgegen. Eigentlich wollte ich dem Schiff nun per Rad bis nach Söder-
köping folgen, kam aber nur zwei Kilometer weit, bis die ganze Ausrüstung so naß war, daß
die Kamera nicht mehr mitspielt. Bei der Schleuse von Carlsborg war dann Schluß. Mit dem
Wind im Rücken war ich sehr rasch zurück in Söderköping.

Mit den letzten im Auto zu findenden leidlich trockenen Sachen am Leib machte ich dann in
Söderköping einen Rundgang an Bord. Sehr zum Mißfallen der Belgier, denen vom Kapitän
laut Aussage eines Passagiers in der Zwischenzeit sehr eindringlich erklärt worden sein soll,
daß Schweden ein freies Land sei und jeder nach eigenem Ermessen das Schiff filmen dürfe.

Das Ambiente an Bord muß man einfach mal gesehen haben. Alles ist noch so erhalten, bzw.
rekonstruiert worden, wie es beim Bau des Schiffes 1912 ausgesehen haben mag. Platz gibt es
nur für 56 Passagiere und die Kabinen sind extrem eng, aber Angesichts der wundervollen
Aufenthalts- und Speiseräume verbringt ohnehin niemand seine Zeit in der Kabine, wenn er
nicht gerade Schlafen will. Es gibt auch viel zu viel zu sehen auf der Reise.

Wegen des katastophalen Wetters verzichtete ich auf eine Weiterfahrt bis zu letzten Schleuse
bei Mem. Es war schon nach 22.00 Uhr und ich mußte ja auch noch rund 150 Kilometer weit
bis zum Treffpunkt Södertälje für den nächsten Morgen fahren. Eine Passagierin an Bord be-
dauerte mich sehr. Sie meinte, sie würde jetzt nicht bei dem Unwetter über die schmalen und
unbeleuchteten schwedischen Straßen fahren wollen. Das sah ich auch so. Aber nach dem
ich ihr sagte, daß mir das immer noch lieber ist, als bei dem Wetter die Nacht über auf der
offenen Ostsee herumzuschippern, wurde sie doch etwas blaß um die Nase.

Mit 60 Stundenkilometern tastete ich mich durch das Unwetter bis nach Silkekrog. Erst nach
Mitternacht war auch dieses Abenteuer erledigt.

Mehr Bilder vom Göta Kanal und Schweden gibt es hier
Das Göta Hotell in Borensberg

Das Aquädukt von Ljungsbro


4. Tag: 10. Juli 1996 (Södertälje-Stockholm)

Auf der Suche nach einem passenden Ausdruck für den Zustand des Wageninneren an jenem
Morgen kommt man an "Schwimmbad" oder zumindest "Planschbecken" nur schwer vorbei.
Alles war naß, das Wasser tropfte von den Scheiben und auf dem Boden hatte sich eine mittel-
große Pfütze gebildet. Draußen sah es nur unwesendlich besser auch. Der Wind hatte nachge-
lassen und der Regen war schwächer, aber von gutem Wetter war man noch weit entfernt.

Das Aufstehen um 6.30 Uhr hätte ich mir eigentlich sparen können. Über Nacht hatte die MS
"Wilhelm Tham" im Sturm eine Stufe runtergeschaltet und kam mit 60 Minuten Verspätung
in Södertälje an.

Hinter Södertälje verschwand das Schiff dann auf dem Mälaren. Und ich hatte keine Ahnung,
welchen Weg es durch den Inseldschungel nehmen würde. Aber am Drottningsholm Schloß
würde es noch vorbeikommen. So raste ich die E4 hoch zur Fähre nach Eckerö. Dort bekam
ich noch einen kurzen Blick auf das Schiff. Später kam ich gerade noch rechtzeitig am Schloß
an und dann ging es in rasanter Fahrt weiter in die schwedische Hauptstadt. Zum Glück war
der Verkehr in Stockholm nicht so dicht und ich kam früh genug, um mich aufs Rad zu schwin-
 gen und dem Schiff bei der Einfahrt in den Riddarfjärden noch ein Stück am Ufer zu folgen.

Ach, was waren die Belgier glücklich, als sie mich zwei Minuten vor Ankunft des Schiffes am
Riddarholmen mit dem Fahrrad angerast kommen sahen. Glaubten sie doch tatsächlich, sie
hätten Stockholm vor mir erreicht. Aber den Irrtum klärte ich rasch auf. Stand doch mein Auto
dort bereits herum. Das war dann auch das letzte, was ich mit den Belgiern zu tun hatte. Ver-
abschiedet oder sich für meine Mithilfe mit der Karte bedankt haben sie sich nicht. Hätte mich
auch schwer gewundert.

Viele der Passagiere verabschiedeten sich vor der Weiterfahrt überigens nicht nur beim Kapitän
und der Besatzung, sondern auch bei mir. Anscheinend bin ich für viele Mitreisende auch zu
einem Teil dieser Reise geworden. Von der Besatzung bekam ich zum Abschied noch eine von
den grünen Göta Kanal-Schirmmützen geschenkt bekommen, die die Bootsjungen an Bord immer trugen. 

So ging Mittags um 12.00 Uhr eine wunderbare Reise durch das Herz Schwedens zu Ende.
Die vielen Reiseeindrücke und unzähligen kleinen Orte auf der Strecke werden mir sicher noch
sehr lange in Erinnerung bleiben.

(Reisebericht aufgeschrieben am 10. Juli 1996, überarbeitet am 30. März 1999)

Mehr Bilder vom Göta Kanal und Schweden gibt es hier

MS "Wilhelm Tham" in Stockholm


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