Zwei Tage vor Heilig Abend war man beim HVV voll auf Weihnachten. Der Emoji da links sieht aber irgendwie nicht glücklich aus.

Nach 44 Minuten U-Bahn-Fahren mit Frühstück und Netflix war ich am Ziel.

Vor Ort war der Aufbau schon im Gange. Der Pavillon wollte sich nicht aufbauen lassen. Da aber kein Regen angekündigt war, war das nebensächlich.

3°C zum Sonnenaufgang. Im Laufe des Tages wurden es noch bis 8°C. Prima Wetter also.

Ein merkwürdiges Licht war es zum Sonnenaufgang.

78 Voranmelder gab es. 19 hatten abgesagt und weitere sieben kamen nicht. Blieben noch 52 Läufer für diese imposante Startaufstellung.

Sonnenaufgang um 8.30 Uhr. Pünktlich ging es los.

Bis zum Sonnenuntergang um 16.00 Uhr hatte man nun Zeit, so viele Runden zu drehen, wie man wollte. Eine Runde = 2583 Meter.

Für ein erfolgreiches Finish reichte im Prinzip eine einzige beendete Runde. Aber es galt auch die Regel, daß man bis zum Sonnenuntergang auf der Strecke bleiben mußte. Sonst gab es ein Did Not Finish.

Und dann gab es noch eine komplizierte Klausel, was die (möglícherweise) letzte Runde anging, aber dazu dann am Ende des Laufes.

Nach 23:08 Minuten hatte ich eine Runde geschafft.

Wie eingangs schon erwähnt war ich erkältet und konnte keinen Marathon laufen. Was also machte ich da?

Man könnte sagen, ich bewies zwei Dinge: 1. auch bei einem 317. Marathonstart kann man noch was neues probieren und 2. ich bin völlig verrückt.

2. war bekannt.

Da ich keinen Marathon laufen konnte, wollte ich eben einen Ultramarathon wandern.

Direkt ab Start wanderte ich. Keinen Schritt laufen. Netter Plan. Mir reichten 17 Runden für eine Marathon-Wertung. 43,911 Kilometer.

Ich hatte mich entsprechend warm angezogen, um an die 7:30 Stunden auszuhalten. Bei Wanderphase während manch eines meiner Marathons war ich wandernd mit so 6 bis 6,5 Km/h unterwegs. Nun war ich aber krank, war also eher ein wenig langsamer, aber 5,85 Km/h reichte auch.

Einer die vielen Haken am Plan: ich war noch niemals so lange am Stück gewandert. Zu wandern und zu Laufen ist zwar ähnlich, aber nicht gleich.

Und vom Konditionellen einmal abgesehen mußte man ja auch mental 7:30 Stunden wandern überleben, während (fast) alle anderen an mit vorbei liefen.

24:22 und 25:25 Minuten für die Runden 2 und 3. Runde 3 mit Pinkelpause.

26 Minuten pro Runde war zunächst mein Plan. Bei 17 Runden wären das dann 7:22 Stunden. 

23:27 Minuten für Runde 4. Lief... äh... wanderte doch gut.

Sonderlich gleichmäßig waren meine Runden nicht. Ich ließ mich wohl immer wieder von mich überholenden anderen Läufern mitreißen.

Irgendwie sieht dieses Foto so aus als würde ich fliegen. So klein ist Linda nun auch nicht.

Ich wanderte locker weiter. Bloß nicht dabei ins Schwitzen kommen., denn dann würde es mir irgendwann kalt werden, was mit Erkältung nicht so gut wäre.

24:56 Minuten für Runde 5. 2:01:18 Stunden insgesamt. Macht 24:16 Minuten/Runde im Schnitt. 

Ja, Maren. Laufen macht auch mit mehr Spaß als Wandern, aber auch Ultramarathon ist kein Wunschkonzert.

Wandernd war fotografieren viel einfacher als laufend. So machte ich ohne Ende Bilder der Teilnehmer.

Hier gibt es nur eine kleine Auswahl. Die Masse ging an die Veranstaltungsseite bei Facebook.

23:51 Minuten für Runde 6.

Nach einem Drittel der Zeit hatte ich schon 16 Kilometer zusammen. So schwachsinnig der ganze Plan auch war, bis hierher klappte es erstaunlich gut.

Manch Teilnehmer hatte schon knapp doppelt so viele Runden erledigt, aber egal.

Schnellster war ich nicht. Aber Letzter war ich auch nicht. Am Anfang war ich eine Weile mal Drittletzter, aber inzwischen hatte zwei oder drei Plätze gut gemacht.

Okay Zweimal lief ich doch. Einmal hier fünf Schritte, bis Christian das Foto gemacht hatte.

(Foto: Christian)

23:20 Minuten für Runde 8.

Ursprünglich plante ich mit 26 Minuten je Runde. Das hätte für 17 Runden (43,911 Km) gereicht. Bei 25 Minuten pro Runde wären es 18 Runden (46,494 Km) geworden.

Nun war ich dem 24-Minuten-pro-Runde-Schnitt nahe. Für 19 gewertete Runde am Ende müßte der Schnitt aber auf 23:40 Minuten runter.

(Foto: Christian)

23:37 Minuten für Runde 9. Laut Monitor hatte ich damit den Runden-Schnitt auf 23:57 Minuten gedrückt.

Bis Sonnenuntergang waren es aber noch fast vier Stunden.

Ich wanderte weiter entspannt meine Runden ab. Es lief gut, aber das war kein Grund zum Übertreiben. Da war ja noch was mit Erkältung und so.

24:12 Minuten für Runde 10. 3:59:52 Stunden nach zehn Runden.

Hitchcock's Vögel?

Nee... die flogen nicht weg wegen eines Wanderers.

Das mit dem Wandern klappte gut, aber es war nicht alles perfekt.

Auf dem mp3-Player hatte ich Weihnachtsmusik und dazu ein Hörbuch, bei dem islamische Terroristen Massenmord auf Berliner Weihnachtsmärkten ausübten. Ich nenne nicht den Titel, aber es kam erst 2019 heraus.

Ich sollte vielleicht doch nicht jede Vorschau aus Angst vor Spoilern ignorieren.

Dazu kamen noch viele dumme Kommentare wegen meine Zipfelmütze. Und wegen des Werder-Shirts sowieso. Bin ja auch selbst Schuld, wo Werder auf einem Abstiegsplatz stand.

23:28 Minuten für Runde 11.

Das lief wirklich besser als ich es erwartet hatte. Viel besser. Noch waren es zwar fast drei Stunden bis Sonnenuntergang, aber 60% war schon geschafft und ich hatte zwei Drittel der für eine Marathon-Wertung notwendigen 17 Runden fertig.

Und sonderlich müde sah ich nicht aus, fühlte mich auch so gut es die Erkältung zuließ.

(Foto: Christian)

24:25 Minuten für Runde 12. Manchmal dauerte auch der Trinkstop etwas länger, wenn der Verpflegungsstand gerade gut frequentiert war.

Bei Runde 12 lag es aber an der zweiten Pinkelpause.

Bei 4:50 Stunden hatte ich eine Marke geknackt. So lange war ich zuvor noch nie am Stück gewandert. 2017 wanderte ich in der Zeit die letzten 25,7 Kilometer beim Mauerweglauf in Berlin. Da war ich davon aber schon 136 Kilometer laufen.

Aber jeder Lauf ist anders.  Auch wenn der Lauf in dem Sinne kein Lauf war.

Nur 22:24 Minuten brauchte ich für die Runde 13.

Das Hörbuch war vorbei, nun lief nur noch Musik. Und zwar Weihnachtsmusik. Aber echte Weihnachtsstimmung wollte nicht aufkommen.

In den vergangenen Jahren machte ich den Weihnachts-Lieder-Marathon immer am Rubbenbruchsee. Wegen eines Trauerfalls verschob ich es in 2019 an die Teichwiesen. Nur vier Tage nach der Beerdigung war mir immer noch nicht nach Feiern.

Doch Laufen oder wandern geht immer. Alles besser als daheim zu sitzen und nur zu grübeln. 

22:43 Minuten für Runde 14. Den schnellen Flitzern folgen konnte ich damit zwar nicht, aber es sah jetzt immer mehr danach aus, als würde ich die Chance auf eine 19. Runde bekommen.

Kalte Finger hatte ich nur ganz am Anfang, aber dick wurden sie. Rechts ging es noch, in der hatte ich die ganze Zeit meine Kamera. Links konnte ich die Finger fast nicht bewegen. Es lag wohl an der Armhaltung beim Wandern.

Nach dem Lauf ging es dann allmählich wieder weg.

22:47 Minuten für Runde 15. Noch 94 Minuten bis zum Ende des Laufes. Wollte ich die 19. Runden schaffen, hatte ich nun 23:30 Minuten pro Runde.

Nun wurden die Beine etwas schwerer. Was ein Wunder. Nach sechs Stunden auf der Strecke.

Ungewohnt war nur, daß ich auch nach so langer Zeit noch nicht einmal einen Marathon zusammen hatte. Das kannte ich bisher nur von ganz irren Läufen wie im Gebirge oder Hochbunker oder nachts im S-Bahn-Tunnel.

Wer hätte gedacht, daß eines Tages auch die Teichwiesen einen für mich ganz verrückten Marathon erleben würden.

Also noch verrückter als der ganz normale Wahnsinn.

Etwas langsamer wäre schön. Aber wie? Will ich beim Lauf langsamer werden, dann kann ich wandern. Aber wenn ich wandere, wie kann ich dann effektiv langsamer werden?

Aber irgendwie schaffte ich es. Mir fehlte nur das passende Gefühl. 24:06 Minuten für die  Runde 16 war ein wenig zu langsam für eine 19. Runde. Aber zur Not hatte ich sicher noch einen Endspurt drauf. Auch wandernd.

Die Uhr war inzwischen auf Countdown in Richtung 16.00 Uhr umgestellt werden. Dann war das Rennen vorbei.

Oh oh... und ich dachte immer, Hunde wären das schlimmste, was mir auf einer Marathon-Strecke passieren konnte. Da ahnte ich noch nicht, daß mein Werder-Trikot eines Tages auf einen HVS-Hoodie treffen könnte. :-)

Ufff... es ging freundschaftlich über die Bühne. Laufen ist halt kein Fußball.

Danach zog der HSV davon, während ich weiter in meinem Tempo wanderte.

6:30 Stunden und endlich hatte ich den Marathon geschafft. Der würde zwar erst zählen, wenn ich sowohl diese Runde beenden und bis 16.00 Uhr auf der Strecke bleiben würde, die 42,195 Kilometer waren aber geschafft.

Nun ging das Rennen in die interessante Phase.

Gewertet wurden ja nur volle Runden. Gelaufen wurde aber bis zur letzten noch möglichen Runde. Dabei gab bisher öfter mal Streit, wann wer denn noch eine Runde schaffen könnte oder nicht. Schließlich drohte eine Disqualifikation, lief man nicht bis zuletzt.

2019 erledigte die "Arbeit" erstmals der Computer. Der zeigte auf dem Monitor ab, ob man nun fertig war oder noch (mindestens) eine weitere Runden versuchen mußte.

Man mußte sie nicht schaffen, aber man mußte es probieren.

23:29 Minuten für Runde 17. Natürlich mußte ich weiter machen.

17 Runden hatte ich mir am Anfang erhofft, 17 Runden hatte ich geschafft. Nun kam die Bonusrunde.

Runde 18 in 23:05 Minuten. Mit der Zeit waren offenbar Computer und Rennleitung überfordert.

Laut Computer war ich fertig. Die Anzeige ganz oben gehört zu mir. Christian sah das aber anders und verlangte, daß ich noch eine Runde machte.

Also gut... ehe ich mich in eine Disqualifikation sabbelte, ging ich lieber in eine 19. Runde. Zumal... je länger ich darüber diskutierte, desto weniger Zeit hätte ich, daß die Runde auch noch zählte. Also los.

Um ehrlich zu sein: Ich wollte diese 19. Runden noch machen. Aber nicht auf Zwang. Darum hatte ich die 18. Runde genau nach Vorgabe des Computers gewandert. Dann wollte ich das Finish gestellen, die Medaille nehmen und dann mit dieser meine letzte Runde abfeiern. Nun machte ich es ohne die Medaille.

Auf der ersten Runden-Hälfte hatte ich mit hohem Tempo genug Vorsprung erwandert. Den Rest konnte ich es etwas ruhiger angehen lassen. Also genauso ruhig wie die Runden bisher.

Ein paar Teilnehmer rannten noch an mir vorbei. Ganz am Ende war ich aber alleine auf der Strecke.

Das war doch irre. Am Anfang stand nur die völlig verrückte Idee, einen Ultramarathon zu wandern. Nun hatte ich wieder einmal das Undenkbare in die Tat umgesetzt. 

Wie schon 2017 kam ich als letzte Läufer ins Ziel. Alle anderen waren schon fertig.

7:28:28 Stunden. So lange war ich unterwegs gewesen. Davon war ich fünf Schritte für ein Foto gelaufen und noch fünf Schritte über die Ziel-Linie. Machte 7:28:18 Stunden nur wandern.

Nichts gegen das Wandern. Aber wenn man das sonst so gut wie nie macht, dann ich das schon schwer bekloppt.

Pünktlich um 16.00 Uhr sprang die Uhr dann auf Null. Ende.

Nun war Finish auch Finish. In 1:30 Minuten hätte ich keine Runde mehr geschafft. Das schafft man nicht einmal mit einem Auto.

22:10 Minuten für Runde 19. Persönliche Bestzeit für den Tag.

Marathon-Medaille Nr. 317. Meine Leistung reichte sogar für Platz 38 von 52 Startern. Davon hatten es 50 in die Wertung geschafft, nur zwei waren ausgestiegen.

Wandern und Laufen mögen zwar verschiedene Dinge sein, aber danach tun einem die Beine weh. Egal was.

Ganz identisch ist es aber doch nicht. Die Schmerzen hielten zwar wie beim Laufen zwei Tage an, aber es taten ganz andere Stellen weh.

Ich machte mich dann relativ schnell auf den Weg Richtung U-Bahn Volksdorf. Auch wenn ich es geschafft hatte, nicht zu sehr zu schwitzen, nun wurde mir doch rasch kalt und das konnte ich mit der Erkältung nicht gebrauchen.

Ich hatte es nicht bereut, hier mitgemacht zu haben. Besser, man versucht es, als gleich zu kapitulieren. So weiß ich nun, daß ich zur Not auch bis 7:30 Stunden wandern kann. Auch wenn ich weiter lieber laufe.