Andere Orte bauen sich eine Umgehungsstraße für den Durchgangsverkehr, andere bauen eine Hochstraße.

Inzwischen war es beschlossen. Ich würde ins Ziel wandern. Die Zeit reichte und angesichts der noch ausklingenden Erkältung war es wohl eine gute Idee, es ruhig anzugehen.

Ich war immer noch auf der Suche nach irgendetwas, mit dem ich die Kameralinse sauber kriegen könnte, aber es war nichts da.

Hier vorne steht das Schild Kilometer 10 vom Hinweg. Es waren noch 9,9 Kilometer bis ins Ziel.

Kurz zuvor wurde ich von dem Läufer da vorne überholt. Das war ein wichtiger Marathon-historischer Augenblick für mich. Nur wußte ich es da noch nicht.

Ich hatte gehofft, hier am Verpflegungsstand neben Getränken auch etwas für meine Kameralinse zu finden, aber leider nicht.

So ging es durch Haraldskær mit dreckiger Linse weiter.

Erst am Ende des Ortes wurde ich fündig. An einem kleinen Rastplatz stand ein Mülleimer mit Deckel, da war ein noch unbenutztes und trockenes Taschentuch drin. Bingo.

Nun ging es wieder mit gutem Durchblick weiter. Allerdings fehlte mir nun die Ablenkung "Taschentuch suchen".

Das meiste Weiß das Hinwegs war geschmolzen. Aber auch so sah es toll aus.

Mal wieder der Vejle Å.

Der lange Krampf zwischen Laufen oder nicht Laufen oder doch Wandern oder nicht war nun vergessen. Ich wanderte nun flott Richtung Ziel und freute mich, daß ich auch diesen Marathon erfolgreich beenden würde. Wenn aich etwas langsamer als gedacht.

Aber auf die Zeit kam es nicht so sehr an, auf die Medaille aber schon. Gerade bei einem so schönen Marathon. Und einem, für den ich extra nach Dänemark gereist war. Bei mir wächst Geld schließlich auch nicht auf Bäumen.

Ich näherte mich Skibet.

Hinter der Kreuzung Skibetvej fing mich ein Helfer ab und teilte mir mit, daß ich nach seiner Kontroll-Liste der letzte Läufer wäre. Alle anderen, die den Halbmarathon passiert hatten, wären schon durch.

Letzter??? Ich??? Ich war noch nie letzter. Außer vielleicht mal auf dem ersten Kilometer, weil ich zu viele Fotos machte oder im Gebüsch war oder so. 

Wie gu, daß es ein Pendelkurs war. Anderenfalls hätte ich mir Sorgen gemacht. Ich wanderte auf Kurs unter 5:25 Stunden. Das Zeitlimit lag ja bei 5:30 Stunden. Merkwürdig.

Bei allen mir bisher bekannten Marathons liefen immer einige Starter knapp am und auch über dem Zeitlimit. Das Ziel blieb dann noch einige Minuten auf und 10 bis 15 Minuten nach dem offiziellen Zielschluß war dann tatsächlich Schluß. Das war doch seltsam hier.

Die Reste der Helfer-Stelle hinter der Brücke unter dem Bredstenvej.

Wo hätte ich besser auf dem letzten Platz laufen können als bei einem Marathon, bei dem ich keine Angst wegen eines Besenwagens oder so haben mußte, der einem eigentlich während der letzten Kilometer in den Hacken hängt.

Hier war ich der Besen. Der Besenläufer oder wie auch immer.

Und mir kam die große Ehre zuteil, alle Helfer entlang der Strecke nach Hause schicken zu dürfen. So hatte es mir der Kontroll-Helfer bei Kilometer 35,3 aufgetragen.

Der meist durchgefrorenen Helfer freute das einerseits. Allerdings gab es bei dieser Aufgabe auch Haken. Hier bat man mich, doch schnell die Reste auszutrinken. Uhm... dann hätte ich das Zeitlimit doch noch gerissen.

Alles nur Spaß. Weiter ging es am Kilometer-5-Schild vorbei. Jetzt noch 4,9 Kilometer ins Ziel bei noch 53 Minuten. Das war ziemlich konfortabel.

Ich wanderte seit Kilometer 30 mit 9:09 Min/Km im Schnitt. Also durchaus flott.

Irgendwie war ich ja noch fit, nur nicht fit genug, um noch wieder zu laufen. Aber das mußte ich ja auch nicht. Hier war alles in bester Ordnung.

Da konnte man sich auch mal ein spezielles Selfie gönnen.

Zurück in Vejle. Und noch drei Helfer, die ich nach Hause ins Warme schicken durfte.

5:02:39 Stunden war ich schon unterwegs und hatte mächtig gute Laune. Letzter Platz, das Hörbuch und die Musik längst abgelaufen, aber sonst keine nennenswerten Probleme.

Nach meinen wiederholten Erkältungen und den zehn lauffreien Tagen vor diesem Marathon lief es zwar nicht sonderlich, aber ich wanderte das Ding hier locker und ohne Sorgen nach Hause. 

Die Leute hier haben mich gewiß für verrückt gehalten, wie ich mit breitem Grinsen feiernd durch die Gegend wanderte.

An der Hauptstraße hatte ich noch einen Helfer erhofft, den ich nach Hause hätte schicken können, aber der war schon weg.

Jetzt noch ein wenig über den Parkplatz wandern.

An der Schwimmhalle vorbei.

Hinter den Hallen entlang.

Und ging es jetzt wie genau weiter? Der Eingang zum DGI Huset Vejle mit dem Ziel war genau voraus, aber der Weg war wo...?

Also offenbar ohne weiteres Kreiseln über den Parkplatz gleich hier in die Halle.

Am Ziel warteten schon alle verbliebenen Helfer auf mich. Die Medaille war bereit und auch meine Tasche war schon griffbereit neben dem Tor.

5:22:04 Stunden hatte dieser Spaß am Ende gedauert. Die zweite Hälfte dabei in 3:09:42 Stunden. Rekordverdächtig.

Marathon-Medaille Nr. 273.

Die Leute in der Halle wollten von mir wissen, ob ich sicher wäre, Letzter zu sein. Nun ja. Sicher? Ich hatte niemanden mehr überholt. Aber ob da eventuell jemand im Gebüsch saß oder sich der Kontrolleur bei Kilometer 35,3 irrte wußte ich natürlich nicht.

Am Ende fing man mit dem Abbau an. Und es kam auch niemand mehr.

Damit war ich nun offiziell Letzter eines Marathons. Zur Feier des Tages spendierte die Internetseite-RaceResults mir in der Ergebnisliste hinten (zufällig) eine eigene Seite.

Nach dem Umziehen ging es weiter zum Essen. 

Viel war nicht mehr da, aber dafür kontrollierte auch keiner mehr, die Tickets. Ich hatte eines, aber wo?

Der 100 Marathon Club hatte sogar einen eigenen Tisch. 

Und mit etwas Verzögerung bekam ich sogar ein wenig Hunger.

Die Rückfahrt klappte dann reibungslos. Um 18.22 Uhr ab Vejle und via Flensburg um 22.16 Uhr an Hamburg.

Beim Kauf im November 2018 hatte ich schon so ein Gefühl, daß der Zug um 16.22 Uhr zu früh sein könnte. Wie recht ich doch hatte. :-)