15. Zeitsprungmarathon
28. Oktober 2018

Ich hatte mich schon lange angemeldet gehabt, als die EU plötzlich mit der Idee kam, die Zeitumstellung
abzuschaffen. Das hätte das Ende des Zeitsprungmarathons bedeutet. Und schon war der Lauf ausgebucht.

Wie bei den EU-Schwachmaten üblich, war man natürlich unfähig, diese an sich gute Idee umzusetzen. So
kam bald die Forderung auf, nicht nur die Zeitumstellung abzuschaffen, sondern unsere Zeit gleich mit. Es
hätte dann ewig die Falschzeit gelten sollen, unter der wir jetzt schon von Ende März bis Ende Oktober
leiden müssen. So ein unfähiges Bürokraten-Pack.

Rule Britannia. God safe the Brexit.

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Hamburg Hauptbahnhof
27. Oktober 2018, 20.23 Uhr

Ein komisches Gefühl, um 19.40 Uhr das Haus noch zu einer Marathon-Reise zu verlassen.

Und dann fiel gleich mal der Zug aus. Das konnte ich eine Stunde lang am Bahnhof herum frieren und kriegte dann in Bremen auch nichts mehr zu essen.

Bahnhof Bremen-Vegesack
27. Oktober 2018, 23.31 Uhr

Am Ende kam ich doch am Ziel an. Unweit von hier bin ich aufgewachsen. Die ersten 16 Jahre. Dieser Lauf sprühte noch viel mehr von Heimat als der Bremen-Marathon.

Die ersten elf Jahre durfte ich sogar durchgehend in der richtigen Zeit leben.

Vegesacker Hafen
27. Oktober 2018, 23.36 Uhr
Vegesacker Weserpromenade
27. Oktober 2018, 23.40 Uhr

Früher kannte ich mich hier blind aus. 33 Jahre, ein paar Umbauten und fehlendes Licht später und ich war froh, die Weser wieder zu finden. 

Dieser Pfeil deutete eindeutig auf einen Marathon hin.

Vegesacker Weserpromenade
27. Oktober 2018, 23.45 Uhr

Den Start hatte ich gefunden, die Startnummer abgeholt und nun wartete ich auf den Start.

Eine Umkleide gab es nicht, aber die Strandlust stellte das Außenklo zur Verfügung. Hätten alle Teilnehmer immer die Tür zugemacht, wäre es da sicher warm geworden.

Vegesacker Weserpromenade
28. Oktober 2018, 0.13 Uhr

Auf der Weserpromenade gibt es zweimal jährlich einen großen Flohmarkt. Da muß man auch schon im Dunkeln kommen, wenn man noch einen Platz ergattern will. In meiner Kindheit war das die beiden Höhepunkte des Jahres.

Vegesacker Weserpromenade
0.13 Uhr

Der Flohmarkt war damals genauso lang wie eine Runde dieses Marathons. Aber ich wanderte den Flohmarkt nie 21 Mal an einem Tag ab.

Rohrstraße
0.54 Uhr

Als ich das zweite Mal vom Klo kam, waren die anderen weg. Früher als erwartet, war man die 195 Meter Richtung Start gewandert.

Rohrstraße
0.54 Uhr

Zu spät war ich zwar nicht, aber fertig angezogen auch nicht. Naja... ich hatte ja die ganze Nacht Zeit. Der erste Zug fuhr erst um 5.35 Uhr.

Rohrstraße
0.55 Uhr

55 Teilnehmer hatten sich am Start eingefunden. 32 für den Marathon, 23 für den etwas überlangen Halbmarathon.

Rohrstraße
0.55 Uhr

Jetzt noch ein der Uhrzeit angepaßtes Startsignal...

Rohrstraße
Auftakt
0.56 Uhr (Falschzeit)
Km 0,1

... und los ging es. Zunächst ging es die 195 Meter zurück und dann 21 Runden immer die genau einen Kilometer lange Weserpromenade hin und zurück.

Runde 2
1.12 Uhr (Falschzeit)
Km 2,4

Die 2°C fühlten sich kälter an als erwartet. Das mag auch daran gelegen haben, daß ich den Marathon zu einer Zeit startete, zu der sonst weit mehr als die Hälfte der Nacht für mich vorbei war.

Runde 2
1.22 Uhr (Falschzeit)
Km 4,195

12:45 und 12:30 Minuten für die ersten beiden Runden. Das war gar nicht über. 14 Minuten wollte ich unterbieten. Also im Schnitt insgesamt.

Runde 3
1.29 Uhr (Falschzeit)
Km 5,3

Die ersten Krise kam früh. So geschichtsträchtig der Kurs für mich auch war, so langweilig war er ohne Flohmarkt.

Runde 3
1.35 Uhr (Falschzeit)
Km 6,1
Runde 4
1.47 Uhr (Falschzeit)
Km 7,5

Die Uhrzeit bekam auch dem Magen nicht gut. Also landete ich in Runde 4 erst einmal auf der Toilette.

Runde 5
1.55 Uhr (Falschzeit)
Km 8,9

Danach dauerte es wieder eine Weile, bis mir warm wurde.

Runde 5
1.57 Uhr (Falschzeit)
Km 9,1

Immerhin war die erste Krise überstanden. Ich konzentrierte mich auf mein Hörbuch. Noch zwei Stunden, bis der Täter überführt werden würde.

Val McDermid - "Der lange Atem der Vergangenheit"

Dazu gab es etwas Musik von 1984. Meinem letzten Jahr vor dem Wegzug aus Bremen.

Runde 5
2.03 Uhr (Falschzeit)
Km 10,195

12:43, 15:22, 12:39 Minuten. Das waren die Runden 3 bis 5. Runde 4 mit Toiletten-Pause.

1:07:33 Stunden insgesamt.

Runde 6
2.15 Uhr (Falschzeit)
Km 11,8
Runde 7
2.18 Uhr (Falschzeit)
Km 12,3

Die zweite Toiletten-Pause. Dabei hatte ich noch nicht einmal etwas getrunken. Es konnte also nur an der Kälte liegen. Und an der Zeit.

Runde 7
2.25 Uhr (Falschzeit)
Km 13,3
Runde 8
2.34 Uhr (Falschzeit)
Km 14,8

Die Strecke war flach und es gab keine Stolperfallen (wenn wir mal von der einen Ecke mit dem Kopfsteinpflaster kurz hinter der Wende absehen).

Runde 8
2.34 Uhr (Falschzeit)
Km 14,9

Beim Laufen störte das wenige Licht somit nicht. Die Kamera hatte da mehr Probleme. 

Runde 8
2.36 Uhr (Falschzeit)
Km 15,1

Ganz so hell wie auf diesen Bildern war es nicht. Unten im Bergwerk Merkers war es deutlich heller.

Runde 9
2.51 Uhr (Falschzeit)
Km 17,5

Runde um Runde ging es voran. Und Anfang der Runde 10 ging es zum dritten Mal auf die Toilette.

Runde 10
2.00 Uhr
Km 18,7

Dann der große Moment der Zeitumstellung. Das Ende der beschissenen Falschzeit. Nun lebten wir endlich wieder in der Echtzeit.

Runde 10
2.09 Uhr
Km 20,195

12:39, 14:03, 12:50, 12:44 und 14:10 Minuten für die Runden 6 bis 10. Wenn ich nicht gerade auf die Toilette mußte, waren die Runden schön gleichmäßig.

Runde 11
2.10 Uhr
Km 20,2

Nach dreimal Toilette fing ich dann mit dem Trinken an. War auch mal Zeit.

Runde 11
2.10 Uhr
Km 20,3

Viel trank ich nicht. Bei der Kälte waren auch die Getränke eiskalt und lagen entsprechend kalt im Magen und dem ging es ja nicht so gut.

Runde 11
2.16 Uhr
Km 21,0975

2:21:02 Stunden auf der Uhr beim Halbmarathon. Das sah ganz danach aus als würde ich um 5.35 Uhr im warmen Zug sitzen können.

Runde 11
2.21 Uhr
Km 21,9

Naja... die zweite Hälfte mußte auch noch gelaufen werden.

Runde 12
2.28 Uhr
Km 23,0

Nachdem ich anfänglichen gefroren hatte, war mir lange Zeit warm. Nun wurde mir wieder kälter.

Runde 13
2.44 Uhr
Km 25,4

Anders als der Wetterbericht prognostizierte wurde es noch kälter. Bis -1°C fielen die Temperaturen.

Runde 14
2.54 Uhr
Km 27,0

Es war leerer geworden. Nach drei Stunden Laufzeit waren fast als Halbmarathon-Läufer von der Strecke.

Runde 15
3.08 Uhr
Km 29,0

In Runde 15 wurde es Zeit für die vierte Toiletten-Pause. Das war kein Rekordwert, aber schon beachtlich und nicht gerade Tempo fördernd.

Runde 15
3.14 Uhr
Km 30,0

Dabei hatte ich es weiterhin nicht so mit dem Trinken. In Runde 11 hatte ich einen halben Becher Coca-Cola getrunken und in Runde 13 die zweite Hälfte. Das war es dann erst einmal.

Runde 15
3.15 Uhr
Km 30,15
Runde 15
3.15 Uhr
Km 30,195

13:39, 12:44, 12:50, 12:49 und 13:52 Minuten in Runde 11 bis 15. Runde 11 mit Pause am Verpflegungsstand, Runde 15 mit Toiletten-Pause. Ansonsten sehr gleichmäßig.

Das Trinken in Runde 13 ging schnell, da ich ja den Becher schon in Runde 11 aufgefüllt hatte.

3:19:53 Stunden insgesamt.

Runde 16
3.19 Uhr
Km 30,8
Runde 16
3.26 Uhr
Km 32,1

Toni und Dirk hatten mich gerade zum fünften Male in dieser Nacht überrundet.

Runde 17
3.28 Uhr
Km 32,2

Sie gewannen gemeinsam den Marathon in 3:31:38 Stunden.

Runde 17
3.33 Uhr
Km 33,2

Bei mir waren es auch nur noch neun Kilometer. Das soll zu schaffen sein.

Mein Hörbuch war nun auch zu Ende und ich verrate nicht, wie es ausging.   

Runde 18
3.44 Uhr
Km 34,7

Das war der Wendepunkt der Halbmarathonläufer in deren ersten Runde. Für mich war es die 500 Meter-Marke auf dem einen Kilometer langen Kurs. Stimmte nicht ganz, aber egal.

Runde 18
3.50 Uhr
Km 35,6

12:16, 12:43, 12:52 Minuten in den Runden 16 bis 18. Machte insgesamt 3:57:45 Stunden. Dabei hatte ich in Runde 18 sogar noch einen Becher Coca-Cola getrunken.

Bei nur noch drei zu laufenden Runden würde ich wohl unter fünf Stunden bleiben.

Runde 19
3.59 Uhr
Km 37,2

Die letzten Runden lief ich mit Bruce Springsteens "Born in the USA"-CD. Von 1984. Kindheitserinnerungen pur. 

Runde 19
3.59 Uhr
Km 37,2

Das wurden nun so richtig emotionale Runden. Zu den Erinnerungen an früher kam noch das gute Gefühl, diesen Marathon insgesamt doch gut über die Bühne bringen zu werden.

Runde 19
4.05 Uhr
Km 38,1

Die Dunkelheit, die eintönige Strecke und die Kälte machten mir zwar zu schaffen, aber immerhin blieb die Strecke trocken. Im Vorjahr versank die Veranstaltung in einer Sturmflut.

Runde 20
4.09 Uhr
Km 38,8

Die vorletzte Runde. Zeit, in den Party-Modus zu schalten.

Runde 20
4.14 Uhr
Km 39,7

Ich mußte nur noch an "My Hometown" vorbei, dann ging auch musikalisch die Post ab.

Runde 20
4.16 Uhr
Km 39,9

Ich konnte auf der Strecke nun fast tun was ich wollte. Es war kaum noch einer da.

Runde 20
4.17 Uhr
Km 40,1

Den Verpflegungsstand hatte ich ziemlich vernachlässigt. Gerade mal 0,4 Liter hatte ich getrunken.

Angeblich schwitzt man ja auch bei Kälte genau so viel wie bei Hitze. Im Sommer hatte ich bis zu 9,3 Liter während eines Marathons getrunken. Und da hatte ich im Ziel mehr Durst als hier.

Runde 20
4.17 Uhr
Km 40,195

12:07, 12:02 Minuten in den Runden 19 und 20. Nun wurde es immer schneller.

Runde 21
4.21 Uhr
Km 40,9

In der letzten Runden drehte ich dann richtig auf. Es gab ja keinen Grund mehr, Energie zu sparen.

Runde 21
4.23 Uhr
Km 41,2

18 Runden lang hatte ich das Tempo kontrolliert und trotz kleinerer Probleme den Lauf sehr gleichmäßig bewältigt.

Runde 21
4.27 Uhr
Km 42,0

265 Marathons und es war immer noch unbeschreiblich, sich dem Ziel zu nähern.

Runde 21
4.28 Uhr
Km 42,1
Runde 21
4.28 Uhr
Km 42,1

Noch einmal die Wende am Fähranleger...

Runde 21
4.28 Uhr
Km 42,17

... und dann ging es direkt auf das Ziel zu.

Runde 21
4.28 Uhr
Km 42,19

Dann war die Reise durch die Nacht geschafft.

Finish
4.30 Uhr
Km 42,195

4:32:43 Stunden. Das war klar unter fünf Stunden.

10:54 Minuten für die letzte Runde. 66 Sekunden schneller als meine bis dahin schnellste Runde. Prima Schlußspurt.

Noch wichtiger war aber meine Marathon-Medaille Nr. 265.

Vegesacker Weserpromenade
4.31 Uhr

Von 32 Startern erreichte ich Platz 14. Nach mir waren noch 18 Läufer auf der Strecke. Um 6.02 Uhr war der Lauf dann durch.

Vegesacker Weserpromenade
4.33 Uhr

Der Verpflegungsstand war grandios und ich hatte noch mehr als eine Stunde bis mein Zug fuhr. Leider hatte ich keinen Hunger und auch keinen Durst.

Strandlust
4.42 Uhr

40 Jahre zuvor war ich nicht einmal gut genug, um auf dem Parkplatz des Restaurants Strandlust herum zu stehen. Heute würde ich in so einen Luxus-Schuppen nicht mehr rein wollen.

Aber ich konnte ja deren Toilette als Umkleidekabine benutzen.

Die Zeiten ändern sich.

Strandlust
5.00 Uhr

Die Startnummer mußte ich wieder abgeben. So kaputt sie auch war konnte sie doch wieder verwendet werden.

Das wurde sie auch. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

        
Vor dem Lauf, 00.53 Uhr (Falschzeit)   Nach dem Lauf, 04.31 Uhr

Infos zum Marathon gibt es hier:
https://my4.raceresult.com/g1201/?lang=de


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