Ich kam etwas arg früh am Start an. Mußte auf dem Weg noch Frühstück einkaufen und bei der Post vorbei. Hatte nicht damit gerechnet, daß das so schnell klappen würde.

Die anderen Teilnehmer kamen dann einer nach dem anderen an...

... bis alle sieben Voranmelder eingetroffen waren.

Mir ging es gar nicht gut. Die Wochen zuvor waren allesamt sehr stressig und die direkte Vorwoche war noch heftiger. Mein Magen war völlig im Eimer und die Nerven sowieso. Auch Laufen beruhigte mich nicht mehr wirklich.

Das Vorstart-Procedere zog sich noch etwas in die Länge, aber schließlich konnte es los gehen.

Wetter war zunächst okay. Anfangs noch 16°C und bedeckt, später 21°C und sonnig.

Und ging es. 41 Runde zu je 1033,45 Metern genau. Das ergab 42,386 Kilometer.

Die Strecke war recht einfach. Zunächst lief man den Berner Heerweg hinauf...

... dann kurz die Saseler Straße entlang...

... und dann den Meiendorfer Stieg wieder runter.

Und schon hatte man die erste Runde geschafft. Ganz einfach. Man mußte sich nur merken, niemals eine Straße zu queren. Dann konnte man sich gar nicht verlaufen.

Die leichte Steigung hier am Berner Heerweg spürte man zunächst kaum. Im hinteren Teil wurde es etwas steiler. In der zweiten Rennhälfte fühlte es sich dann wie ein Berg an.

Wie ich vorher die Idee haben konnte, eventuell unter vier Stunden durch zu kommen, weiß ich nicht mehr.

Davon war ich weit entfernt. Statt der erforderlichen 5:54 Minuten je Runde lief ich um die 6:05 Minuten und die fühlten sich schon schwer an.

Wenn es sowieso nicht lief, konnte ich mir auch Zeit für Fotos nehmen.

Wann sieht man schon mal eine Parkuhr im Garten? Ob die noch funktioniert? Und ob da Geld drin ist? Man braucht 50 Pfennig oder eine D-Mark.

Das war die maritime Ecke.

Und das sah eher asiatisch aus. Alles in einem Garten.

Ich kam nicht ins Rennen. Statt dessen quälte ich mich mit Sodbrennen, Magenschmerzen und Kopfschmerzen herum.

Und keine Toilette in der Nähe. Das nächste Dixi-Klo stand 700 Meter entfernt.

Es kann halt nicht immer nur rund laufen.

Peter und Christian schienen hingegen zufrieden.

Aufgeben war trotz allem keine Option. Nun war ich schon mal hier, nun wollte ich auch die Medaille haben. Dann dauerte es eben etwas länger.

Besser lief es da bei Rico. Wie ich plante er vor dem Start eine Sub4, aber während ich eher Richtung 4:30 lief, überrundete er mich hier schon zum dritten Male und war auf Kurs 3:30.

Da war meine halbe Stunde also hin. :-)

Ich hatte nun schon die zweite Pinkelpause hinter mir, aber signifikant besser ging es mir danach nicht.

Pinkel an der Strecke ging eher nicht so gut. Besser war da schon, den Mittelstreifen an der Berner Brücke zu nutzen. Der Abstecher kostete aber immer extra Zeit.

Von Pinkelpausen abgesehen benötigte ich 6:02 bis 6:25 Minuten je Runde. Nur die Runde 14 mit 5:56 Minuten war schneller. Ein einmaliger Ausreißer.

Auch bei Marc lief es besser als bei mir. Er überrundete mich nun auch. Rico war inzwischen viermal an mir vorbei.

Dafür überrundete ich Peter und Christian regelmäßig.

In Runde 19 war die dritte Pinkelpause fällig. Das war schon fast Inkontinenz.

Aber immerhin fühlte ich mich danach endlich etwas besser.

Genau zur "Feier" meines Halbmarathon nach 2:10:41 Stunden wurde ich zum fünften Male von Rico überholt.

In der zweiten Hälfte lief es zunächst zwar nicht schneller, aber zumindest lockerer und gleichmäßiger.

Auch ohne Temposteigerung überholte ich bald Marc, der nun nur noch eine Runde Vorsprung hatte.

Die Rundenzeiten schwankten zwar weiterhin, aber nun lag es nur noch an der verlorenen Zeit am Verpflegungsstand oder an weiteren Pinkelpausen.

Der Verpflegungsstand war wie fast immer bei Christians Marathons Selbstbedienung.

Die Selbstbedienung wird von einigen Mitmenschen leider falsch interpretiert. So kam es auch an diesem Tag zu einem Diebstahlsversuch, den aber durch Christian vereitelt wurde.

Nun noch ein paar Meter und Rico, der sich nun Gehpausen erlaubte, hätte wieder weniger als fünf Runden Vorsprung.

Ein wenig weiter hinten im Feld ging es Peter und Christian offenbar immer noch gut.

Die Häuser der Gartenstadt Berne wurden in den 1920er Jahren erbaut. Die Gärten sind bis zu 1000 m² groß. Viele der Häuser stehen inzwischen zwar leer, allerdings wird mit einem großen Aufwand versucht, sie belebt aussehen zu lassen. Die stecken Zeitungen an der Türklinke, Licht geht an und aus, Wäsche hängt im Garten und man hört Musik.

Je auffälliger ein Haus bewohnt aussieht, so wahrscheinlicher der Leerstand.

Nachdem es am Anfang lange Zeit so aussah, als würde hier gar nichts laufen wollen, kam ich allmählich und recht locker fröhlich in die letzten Runden.

Die Runden ohne Pausen lief ich nun in ziemlich genau sechs Minuten. Mit Trink- oder auch Pinkelpausen dauerte es bis zu 7:56 Minuten. Aber ich hatte es ja nicht mehr eilig.

In dem Punkt ging es mir wie Peter, Bodo und Christian, denen Laufen und Ankommen auch wichtiger war als die Zeit.

Kurz vor Schluß tat ich dann noch etwas fürs Klassement und überholte Marc, setzte mich so auf Platz 2 hinter Rico, der seinerseits schon seit acht Minuten im Ziel war.

Auch wenn Christian später in seinem Bericht schrieb, ich hätte im Schlußdrittel zugelegt, so stimmte es nur bedingt. Tatsächlich betraf es nur das Schlußzehntel, also die letzten vier Runden.

Ab Runde 38 steigerte ich das Tempo auf 5:35, 5:27 und dann 5:23 Minuten. Ich lief locker an Hund und Frauchen vorbei und überrundete noch Peter und Marc.

Wo genau die Energie nun so plötzlich herkam, wußte ich auch nicht, aber das war mir egal.

Jetzt noch ein schönes Sprint-Finale...

...und nach nur 4:35 Minuten hatte ich die letzte der 41 Runden zu je 1033,45 Metern hinter mich gebracht.

4:16:22 Stunden hatte ich am Ende gebraucht, um mir meine 216. Marathon-Medaille zu verdienen.

Nach dem Lauf beeilte ich mich mit dem Umziehen. Die Wolken sahen so aus, als käme nun das angekündigte Unwetter.

Am Ende kam zwar der Regen, aber sonst nichts. Noch einmal Glück gehabt.

Es war kein einfacher Lauf für mich den Tag und die Strecke ist auf Dauer auch nur bedingt sehenswert. Aber am Ende hatte ich es wieder einmal geschafft. Aufgaben ist eben keine Option.

Christian, Bodo und Peter hatten noch ein paar Runden vor sich, aber auch die vergingen und am Ende waren aus sieben Voranmeldern nicht nur sieben Starter, sondern auch sieben Finisher geworden.